Ob António Manuel de Oliveira Guterres dieser Tage vor 50 Jahren – so wie viele seiner Landsleute – in den Straßen Lissabons Nelken in die Gewehrläufe der Putschisten gegen Portugals rechte Diktatur steckte, ist unbekannt. Gut möglich ist es allemal. Der heutige UN-Generalsekretär – am Dienstag wird er 75 – hat es immer schon verstanden, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Immer dort, wo Geschichte gemacht wird.

UN-Generalsekretär António Guterres denkt auch mit 75 nicht an den Ruhestand.
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Mitte der Siebziger gehört der studierte Elektrotechniker und Sozialarbeiter zur jungen Garde der lange verfolgten portugiesischen Linken, die den Marsch durch die Institutionen des bis zur Revolution abgeschotteten Landes antraten.

Kaum ein anderer beweist einen so langen Atem. Mit Mitte 20 ist der gläubige Katholik Abgeordneter, mit Mitte 45 Chef der damals siechen Sozialisten, mit 50 Wahlsieger und Vorbild für Europas Linke. Während ihm zu Hause der Ruf nachhängt, allzu kompromissverliebt zu sein, geht er später auf der Weltbühne keinem Streit aus dem Weg. Bis heute.

EU-Maßnahmen gegen Österreich

Vielleicht liegt es an seiner Jugend im autoritären "Estado Novo", dass Guterres nicht lange herumfackelt, wenn er rechte Umtriebe ortet. 2000 bekommt das die Regierung in Österreich zu spüren. Als EU-Ratspräsident ist es der rhetorisch versierte Portugiese, der Maßnahmen gegen die ÖVP-FPÖ- Koalition verkündet.

Privat erleidet Guterres kurz davor einen Schicksalsschlag: Seine Ehefrau, eine Psychiaterin, stirbt 1998 an Krebs. Zwei Kinder hat das Paar, heute auch drei Enkelkinder. 2001 heiratet Guterres noch einmal.

Auch beruflich kommt Guterres nicht zur Ruhe. Nach seiner Abwahl 2002 zieht es ihn zur Sozialistischen Internationale. Als die Welt wenig später gebannt auf immer neue Flüchtlingskrisen blickt, wird er UN-Kommissar.

Corona, Ukraine, Hamas

Das kleine Portugal ist da längst zu eng geworden. Statt Staatspräsident will er 2016 lieber UN-Generalsekretär werden. Hat er sein Mandat eigentlich dem Kampf gegen die Erderhitzung widmen wollen, entpuppt sich vor allem seine zweite Amtszeit als Stakkato internationaler Krisen: Corona, Ukrainekrieg, Hamas-Überfall auf Israel. Ein diplomatisches Minenfeld, in dem sich der fünfsprachige Portugiese bisweilen versteigt.

Der Terror, sagt er wenige Wochen nach dem Massaker, sei "nicht im luftleeren Raum" entstanden. Israel hält ihn seither für eine "Gefahr für den Weltfrieden" und fordert seinen Rücktritt. Bisher freilich vergebens. (Florian Niederndorfer, 29.4.2024)