Die Phase hoher Sparzinsen ist für die österreichische Bevölkerung recht kurz ausgefallen. Denn als die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen von Sommer 2022 bis September des Vorjahres wegen der sich auftürmenden Teuerungswelle im Rekordtempo von null auf nunmehr 4,5 Prozent erhöht hat, haben die von heimischen Banken gebotenen Einlagenzinsen diese Entwicklung nur sehr pomadig nachvollzogen. Da die Kreditzinsen aber zeitnah stark gestiegen sind, bescherte dies Österreichs Banken Rekordgewinne, besonders im Zinsgeschäft war ein beträchtliches Körberlgeld drinnen.

Ein zerbrochenes, aber wieder zusammengeflicktes Sparschwein.
Harte Zeiten für das Sparschwein: Seit dem Ende der Nullzinsphase kann es mit den am Sparbuch erzielbaren Erträgen nicht mehr mithalten.
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Inzwischen hat die EZB aber bei der Inflationsbekämpfung erhebliche Fortschritte erzielt und die zwischenzeitlich zweistellige Inflationsrate in der Eurozone wieder auf 2,4 Prozent im April gedrückt. Damit ist nicht nur der zweiprozentige Zielwert in greifbare Nähe gerückt, sondern auch die erste Zinssenkung der Notenbank. Experten gehen derzeit fast unisono davon aus, dass sie bereits bei ihrer Sitzung am 6. Juni die Zinszügel wieder etwas lockerer lassen wird. Und wie reagieren die Banken darauf? Wenn es mit dem Zinsniveau abwärts geht, sind sie der Zeit voraus und bieten der Kundschaft schon wieder etwas geringere Zinsen für Spareinlagen.

3,4 Prozent für ein Jahr

"Derzeit schaut es so aus, dass in Österreich für Tagesgeld drei Prozent Zinsen möglich sind", sagt Martin Spona, Chef des Vergleichsportals Durchblicker. Zum Vergleich: Ende des Vorjahres lagen die besten Offerten noch um etwa 0,15 Prozentpunkte höher. Ähnlich war die Entwicklung bei einer Bindung von zwölf Monaten, wo derzeit bis zu 3,4 Prozent Zinsen zu lukrieren sind. Allerdings sei die Spanne zu den besten Angeboten in der Eurozone, nämlich 3,31 Prozent für Tagesgeld und 3,65 Prozent bei einjähriger Bindung, trotzdem zuletzt etwas gesunken. "Da war der Unterschied schon einmal größer", sagt Spona.

Noch dürftiger sieht es bei längeren Laufzeiten aus, für drei Jahre sind Spona zufolge hierzulande bis zu 3,35 Prozent möglich, bei fünf Jahren gar nur mehr 2,2 Prozent. "Die Banken waren schnell, die Zinssenkungen einzupreisen", fasst der Durchblicker-Experte zusammen. Allerdings werden üblicherweise bei längeren Laufzeiten meist höhere Zinsen fällig. Warum ist es diesmal anders? Spona führt dies auf die ungewisse weitere Zinsentwicklung, besonders ab 2025, zurück. "Derzeit kann man davon ausgehen, dass es im Juni eine Zinssenkung geben wird", sagt er, "alles darüber hinaus ist noch ein Blick in die Glaskugel."

Nachlassendes Interesse

Daher lautet seine Empfehlung an die sparwillige Bankkundschaft: "Nicht länger als zwölf Monate anlegen, wenn es ein klassisches Sparprodukt sein soll." Viele dürften die Hochzinsphase aber ohnedies bereits für sich genutzt haben, denn: "Das Interesse lässt nach", sagt Spona mit Blick auf die entsprechenden Zugriffe bei Durchblicker. Im Jänner seien diese noch um 60 Prozent über dem Vorjahreswert gelegen, im April jedoch um etwa 30 Prozent darunter.

Dass die Bevölkerung ihre in der Nullzinsphase etwas erkältete Liebe zum Sparbuch wiederentdeckt hat, zeigt auch eine aktuelle Erhebung der Erste Bank. Demnach konnte es vom Zinsumfeld profitieren, und seine Nutzung ist binnen eines Jahres um sechs Prozentpunkt angestiegen auf nunmehr 61 Prozent. "Im Gegensatz zur Nullzinsphase bieten Sparkonten den heimischen Sparerinnen und Sparern wieder attraktive Zinsen für das Ersparte – allerdings ist die reale Verzinsung bei der aktuellen Inflationsrate nach wie vor negativ", sagt Bankchefin Gerda Holzinger-Burgstaller. Bedauerlich, aber wahr, denn in Österreich lag die Teuerung im April mit 3,5 Prozent deutlich über jener der Eurozone.

Bundesschatz nicht überzeugend

Ist der Bundesschatz vielleicht eine lohnende Alternative? ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner hat unlängst diese Anlageform wieder aus der Versenkung geholt, nachdem sie während der Nullzinsphase eingestellt worden war. Durchblicker-Experte Spona ist davon nicht überzeugt: Denn für zwölf Monate Laufzeit erhält man beim Bundessschatz derzeit bloß drei Prozent Verzinsung – und das bei einer höheren Steuerlast. Denn im Gegensatz zum Sparbuch behält der Fiskus nicht nur 25 Prozent der Zinserträge ein, sondern die mit 27,5 Prozent etwas höhere Wertpapier-KESt.

Der Neubau eines kleinen Wohnhauses.
Österreich hat einen überdurchschnittlich hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten, es wird also auf dauerhaft tiefe Zinsen spekuliert. Warum sind die Leute bei Finanzierungen so risikobereit?
IMAGO/Sven Simon

Auch an den Finanzmärkten wird ein sinkendes Zinsniveau in der Eurozone bereits vorweggenommen. So ist der Euribor-Referenzzinssatz für sechs Monate seit dem Hoch bei 4,14 Prozent im Oktober bereits auf 3,79 Prozent gefallen. Da die Euribor-Zinssätze auch dem variablen Teil einer Kreditverzinsung zugrunde liegen, ist das eine gute Nachricht für jene, die variabel verschuldet sind. Sprich, nicht nur mit den Spar-, sondern auch mit den Kreditzinsen geht es schon wieder abwärts.

Wobei Spona generell der überdurchschnittlich hohe Anteil von variablen Finanzierungen in Österreich erstaunt – steht doch diese Risikobereitschaft bei Kreditzinsen in krassem Gegensatz zum Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung beim Geldanlegen. Daher lautet seine Empfehlung: Weniger Risiko bei Finanzierungen eingehen, also vermehrt auf Fixzinskredite setzen, dafür bei der Veranlagung etwas mehr Risiko in Kauf nehmen. (Alexander Hahn, 13.5.2024)