Prinzessin Kate auf den Titelseiten britischer Zeitungen. Am Freitag erklärte sie in einem persönlichen Video, dass bei ihr Krebszellen gefunden worden seien.
AP/Kirsty Wigglesworth

Es war mit Sicherheit ein Schock. Erst 42 Jahre alt, Mutter von drei Kindern, das jüngste gerade mal fünf Jahre alt – und dann die Krebsdiagnose. Jeder normale Mensch wünscht sich da Zeit für sich und die Familie, um die Nachricht zu verarbeiten, medizinische Möglichkeiten abzuklären. Doch in diesem Fall geht es nicht um einen "normalen" Menschen.

Die Diagnose betrifft Prinzessin Kate, Ehefrau des britischen Thronfolgers Prinz William und Mutter der Nummern zwei, drei und vier der Thronfolge. Nach einer Operation im Bauchraum verschwand sie monatelang – was zu heftigen Spekulationen darüber führte, wo und warum sie abgetaucht ist. Vor allem nachdem ein offensichtlich manipuliertes Familienfoto auftauchte, das die Öffentlichkeit eigentlich beruhigen sollte. Vor wenigen Tagen machte sie schließlich den Grund ihrer Abwesenheit in einem persönlichen Video bekannt.

Zahlreiche öffentliche Termine

"Schämt euch", rufen viele nun jenen zu, die sich an Spekulationen beteiligt hatten. Auch wenn einige Theorien, offenbar zum Teil auch von prorussischen Gruppierungen angeheizt, definitiv zu weit gingen und auch seriöse Medien in dieser Zeit nicht immer mit qualitativ hochwertigen Texten zum Thema geglänzt haben, überrascht es nicht, dass sich viele gefragt haben, was los ist.

Die Währung der Royals ist nun mal ihr Auftreten in der Öffentlichkeit, das wurde den Menschen jahrzehntelang eingetrichtert: König Charles und seine Familie nehmen jährlich mehr als 2.000 Termine wahr. Das reicht vom Galadinner mit Staatsgästen über Besuche von Gedenkfeiern oder in sozialen Einrichtungen bis zum Pflanzen von Bäumen. Und Kate ist eigentlich ein besonders präsentes – derzeit in Umfragen auch das beliebteste – Mitglied der Königsfamilie, stets perfekt gestylt, mit strahlendem Lächeln, auch wenige Stunden nachdem sie ein Kind zur Welt gebracht hat. Sie hat sich auch, anders als etwa Meghan Markle, nie gegen den teils grenzüberschreitenden Medienrummel ausgesprochen, war der Presse gegenüber kooperativ. Bei Royals wie ihr hat es eine gänzlich andere Dimension, wenn sie aus der Öffentlichkeit verschwinden.

Geben und Nehmen

Im Fall von König Charles' Krebserkrankung hat das Königshaus die Öffentlichkeit von der Untersuchung schnell und transparent informiert und kurz nach der Diagnose ein schriftliches Statement publiziert, seither wurden immer wieder Fotos von ihm öffentlich. Kate wurde hingegen zuletzt zu Weihnachten gesichtet. Dann wurde der Öffentlichkeit im März ein fröhliches Familienfoto präsentiert, das sich als Photoshop-Fail herausstellte. Dass die krebskranke Kate dafür selbst die Verantwortung übernehmen musste, erscheint rückblickend fast noch absurder als die Veröffentlichung des Fotos selbst. In jedem Fall ist der ganze Vorgang der Inbegriff eines PR-Desasters, für das das Königshaus die Verantwortung trägt und das mit einer erschöpften, einsamen Kate auf einer Parkbank endete, die die Öffentlichkeit um Privatsphäre bitten muss.

Es ist ein Geben und Nehmen: Die Royals sind öffentliche Personen und liefern der (wie man an Klickzahlen und Einschaltquoten sieht) sehr interessierten Bevölkerung immer wieder Einblick in ihr Leben. Dahinter steckt ein absolut hinterfragenswertes Arrangement mit britischen (Boulevard-)Medien. Die Royals brauchen es aber: Sie können nicht, wie andere Stars, ihr Talent für sich sprechen lassen. Für sie ist es essenziell, sich zu präsentieren und gesehen zu werden. So bleiben sie relevant – und die auf Steuerkosten finanzierte britische Monarchie unhinterfragt. Bekommt dieses Bild Risse, kommt womöglich das ganze System ins Wanken. Vielleicht wäre es dafür aber ohnehin langsam Zeit. (Noura Maan, 27.3.2024)