Bis 2030 braucht Österreich rund 20.000 neue Elementarpädagoginnen und -pädagogen, wenn die Personalsituation und Fachkraft-Kind-Relation verbessert werden soll. Das hat eine Studie im Auftrag des Bildungsministeriums 2022 ergeben. Eine Zahl, die man eigentlich durch die Absolventinnen und Absolventen der Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (Bafep) gut abdecken könnte, würden alle direkt nach dem Abschluss in das Berufsleben einsteigen. Tatsächlich sei das bei circa zwei Dritteln von ihnen der Fall, bestätigt Christof Laumer, Sprecher der Bafep-Schulleitenden.

Daher müsse man mehr Personen für die Arbeit mit den Null- bis Sechsjährigen begeistern, sagte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Donnerstag – dafür wurden jährlich rund 300 neue Ausbildungsplätze geschaffen. Es gebe nun insgesamt neun Wege in die Elementarpädagogik, drei "klassische", sechs davon für Quereinsteigende. Ein "Ausbildungswegweiser" soll Interessierten im Ausbildungsdschungel Orientierung bei der Suche nach dem geeigneten Weg für einen Einstieg in die Elementarpädagogik bieten.

Werbesujet des Bildungsministeriums für Elementarpädagoginnen
Gelb wie die Hoffnung? Die Werbekampagne des Bildungsministeriums soll über die zahlreichen Ausbildungswege in der Elementarpädagogik informieren und Quereinsteigende anziehen.
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

Viele Ausbildungsmöglichkeiten

"Herzstück" sei immer noch die fünfjährige Ausbildung an einer der insgesamt 33 Bafeps, betont Bafep-Sprecher Laumer. Neben diesem Ausbildungsweg, der mit Matura abschließt, werden zudem Kollegs für Personen mit Matura oder Pflichtschulabschluss, Aufbaulehrgänge für Absolvierende von Fachschulen mit pädagogischem Schwerpunkt und ab Herbst 2024 ein zweisemestriger Lehrgang für Absolvierende einer Bildungsanstalt für Sozialpädagogik (Basop) angeboten.

Neu ist auch der Hochschullehrgang "Quereinstieg Elementarpädagogik", der seit März an der Pädagogischen Hochschule (PH) Steiermark und der Privaten Pädagogischen Hochschule (PPH) Augustinum für Personen mit einem nichtfacheinschlägigen Bachelorabschluss angeboten wird. Weitere Standorte seien bereits in Planung. Beatrix Karl, Rektorin der PH Steiermark, zeigt sich erfreut über die Kompetenzvielfalt, die damit in die Bildungseinrichtungen einziehen werde.

Studierende etwa aus Naturwissenschaft, Wirtschaft, Design und Kunst würden weitere Perspektiven in die Arbeit mit den Kindern einbringen. Karl betonte, dass "elementare Bildung die Zukunft" sei. Dieses Thema könne uns als Gesellschaft nicht egal sein. Top ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen würden in ausreichender Zahl dringend benötigt. Die Informationskampagne "Klasse Job" des Bildungsministers betrachte sie als "sehr zielführend".

Nicht genug

Eine kurze Überschlagsrechnung zeigt allerdings, dass die 300 Ausbildungsplätze nicht ausreichen werden, den Bedarf von 20.000 neuen Elementarpädagoginnen bis 2030 abzudecken. Von den erwarteten 20.000 Bafep-Absolvierenden würden etwa zwei Drittel sofort in den Beruf eintreten, was nicht einmal rund 13.400 Personen entspricht. Mit den neu geschaffenen Ausbildungsplätzen können laut Polaschek bis 2030 circa 2.000 Personen eine Ausbildung in der Elementarpädagogik abschließen. Insgesamt würden dann maximal 15.400 Stellen von den circa 20.000 in der Studie von 2022 errechneten notwendigen besetzt werden können. Dies setzt weiters voraus, dass alle Quereinsteigenden auch tatsächlich in den Krabbelstuben, Kindergärten oder weiteren Bildungseinrichtungen tätig werden.

Bei einer Beibehaltung des derzeitigen Betreuungsschlüssels und keiner Verbesserung der Personalsituation ergibt die Studie im Auftrag des Bildungsministeriums einen Bedarf von rund 13.700 Personen bis 2030. Diese absolut notwendigen Stellen können also, Stand heute, besetzt werden. Allerdings hat die Regierung in der Zwischenzeit auch einen Ausbau der Zahl der Kindergartenplätze beschlossen.

Bafep-Sprecher Laumer war es am Donnerstag wichtig zu betonen, dass jenes Drittel der Bafep-Absolvierenden, das nicht sofort in den Job einsteigt, dem Bereich der Pädagogik treu bleibe. Aus Erfahrungen könne er sagen, dass fast alle Absolventinnen und Absolventen ihre pädagogische Ausbildung, die sie an der Bafep erhalten haben, auch im Berufsleben nutzen würden – etwa wenn sie sich nach der Matura für ein Lehramts-, Bildungswissenschaften- oder Psychologiestudium entscheiden, was häufig vorkomme.

Kritik an Kampagne

Die Kampagne "Klasse Job", mit der zuerst über Berufsmöglichkeiten an Österreichs Schulen – jetzt auch im elementarpädagogischen Bereich – informiert wird, löste vergangenes Jahr einige Kritik aus. Einige Lehrkräfte empfanden die Kampagne als Farce. Sie forderten, das Geld nicht in Werbeaktionen, sondern in eine "radikale Verbesserung der Arbeitsbedingungen" zu stecken, DER STANDARD berichtete.

Polaschek selbst zeigt sich hinsichtlich der Wirkungskraft von "Klasse Job" zuversichtlich. Man verzeichne bereits jetzt eine große Steigerung der Studierendenzahlen im Bereich "Quereinstieg Elementarpädagogik". Das sei ein erster Erfolg. Weitere Ausbauschritte gemeinsam mit Bildungsdirektionen und Ländern seien zudem bereits in Planung. Polaschek strich am Donnerstag mehrfach heraus, dass die Elementarpädagogik den Grundstein für den weiteren Bildungsweg der Kinder lege und gerade deshalb für die Gesellschaft essenziell sei.

Bafep-Sprecher Laumer sagt, dass das Einstiegsgehalt in der Elementarpädagogik "nicht mehr das Problem" sei, warum es einen Fachkräftemangel gebe. Angesprochen darauf, welche konkreten Initiativen getroffen würden, den Beruf zu attraktivieren, verweist Polaschek auf die Infokampagne. (Antonia Wagner, 28.3.2024)