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ÖVP-Abgeordneter Glaser: "Würde mich als Bürgermeister in keiner Weise verpflichtet fühlen, eine Zeremonie zu machen."

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Parteikollege Prinz: "Andere Verträge werden ja auch vor dem Notar geschlossen."

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Justizsprecher Donnerbauer: "Die ÖVP tut sich überhaupt nicht schwer mit dem Thema."

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Familienbund-Geschäftsführerin Pitzinger-Ryba: "Homosexuelle wollen gleiche Rechte - dann aber bitte auch die Pflichten."

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Die Spanier dürfen es, die Schweizer auch, die Deutschen schon lange, und die Bayern ab 1. August auch vor dem Standesamt: Homosexuelle Paare können den Bund fürs Leben schließen. In Österreich ist das anders. Eine rechtliche Grundlage, die Mann und Mann bzw. Frau und Frau aneinander bindet, fehlt bis heute. Woran liegt das?

"An der ÖVP", lautet die knappe Antwort von Christian Högl, Obmann des Homosexuellenvereins HOSI Wien. Die Bürgerlichen, seit 1986 durchgehend in der Regierung, hätten alle Bemühungen für eine Gleichstellung homosexueller Paare blockiert und verschleppt. Erst mit dem neuen ÖVP-Obmann Josef Pröll sei Bewegung in die Sache gekommen. "Er sieht das nicht so dogmatisch", konstatiert Högl, der übrigens nicht auf den Begriff "Ehe" pocht, sondern nur gleiche Rechte wie für Heterosexuelle fordert.

Keine Homo-"Ehe"

Der zögerlichen Öffnung unter Pröll trägt auch Justizministerin Claudia Bandion-Ortner Rechnung: Sie verspricht eine Lösung - im Sinne der Homosexuellen - bis Jahresende. Am 1. Jänner 2010 sollen gleichgeschlechtliche Paare ihre Lebensgemeinschaft eintragen dürfen. Dieser Bund soll weder "Ehe" heißen noch ein Adoptionsrecht umfassen, und auch ob er am Standesamt geschlossen wird, ist noch offen. Laut Absichtserklärung der Regierung soll das Gesetz aber von weiteren Novellen begleitet werden, die möglichst alle Bereiche des Lebens - Soziales, Steuern, Fremdenrecht - miteinschließen: eine echte Gleichstellung. Ob die einzelnen Ministerien mitmachen, bleibt noch abzuwarten.

Die neue Linie macht in der ÖVP bei weitem nicht alle glücklich: "Meine Begeisterung hält sich sehr in Grenzen", sagt Nikolaus Prinz, ÖVP-Bürgermeister im oberösterreichischen St. Nikola, zu derStandard.at. Wenn schon eine Aufwertung der homosexuellen Partnerschaften, "dann müssen wir nicht nur über Rechte, sondern auch über Pflichten reden", sagt der Nationalratsabgeordnete. Auch für Franz Glaser, ebenfalls Bürgermeister und ÖVP-Nationalrat, sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften "nicht die Art des Zusammenlebens, die ich mir wünsche". Dennoch, räumt er ein, müsse man "eine rechtliche Form dafür finden". Dass Homosexuellen-Organisationen ihre rechtliche Gleichstellung hartnäckig einfordern, versteht Glaser nicht. Denn: "Die Zahl jener Menschen, die eine normale Ehe anstreben, geht total zurück, während die Homosexuellen dieser Sache mit aller Gewalt hinterherlaufen."

Widerwillen

HOSI-Wien-Obmann Högl beharrt darauf: Die Eintragung der Partnerschaft sei "eine Frage des Prinzips". Da immer weniger Menschen Ehen eingehen - für Högl ein "Auslaufmodell" - und eine steigende Zahl ohne Trauschein zusammenlebe, habe sich zwar auch die rechtliche Situation der Unverheirateten gebessert und davon profitierten auch Homosexuelle. In vielen Punkten - Erbrecht, Besuchsrecht im Krankenhaus oder Bestattungen - hätten sie aber immer noch Nachteile. Das neue Gesetz, das laut Zeitplan der Regierung am 1. Jänner 2010 in Kraft treten soll, sei ohnehin "ein umständliches Vorhaben", sagt Högl, weil man statt mit Verweisen zu arbeiten, nun alle rund 400 Bestimmungen, in denen Eheleute vorkommen, einzeln um den Begriff "Eingetragene Partner" ergänzen muss. Eben weil die Regierung das Eherecht unangetastet lässt - "aus Rücksicht auf die ÖVP und ländlich-klerikale Kreise", meint Högl.

ÖVP-Abgeordneter Prinz verteidigt das Vorgehen: "Es sind schon so viele Gesetze geändert worden - und jetzt wäre das auf einmal umständlich." Wenn das Gesetz kommen sollte, werde er keinen militanten Widerstand leisten. Zu homosexuellen Partnerschaften findet er dennoch: "Die Natur hat's nicht so eingerichtet. Man könnt's auch mit dem Glauben argumentieren, aber das ist müßig."

Genauso kommen aus der ÖVP aber auch länger schon liberale Töne. Christopher Drexler, Klubobmann der steirischen VP, plädierte schon vor Jahren für eine Gleichstellung. Denselben Wunsch äußerte Wissenschaftsminister Johannes Hahn, damals noch ausschließlich Wiener ÖVP-Chef, jahrelang gegen die Linie der Bundespartei.

Zeremonie untersagen

Derzeit werkt eine Arbeitsgruppe an dem Gesetzesentwurf. Was drinstehen wird, möchte ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer nicht kommentieren. Nur soviel: Man sei im Zeitplan. Gegen die Eintragung am Standesamt sieht Donnerbauer im Gespräch mit derStandard.at "gute Gründe, das zu zentralisieren", etwa an den Bezirkshauptmannschaften. Auch dem oberösterreichischen Abgeordneten Prinz wäre eine "Eintragung bei Notar, Bezirksgericht oder Rechtsanwalt" wesentlich lieber. Dass es keine Zeremonie geben darf, soll laut Donnerbauer möglichst auch im Gesetz festgeschrieben werden.

Sollte es doch das Standesamt werden, werden sich die ÖVP-Lokalpolitiker aber wohl nicht querlegen. "Wenn's ein Gesetz gibt, dann wird das auch in St. Nikola gelten", sagt Prinz, der als Bürgermeister auch für das Standesamt verantwortlich zeichnet. Nachsatz: "Aber wir sind bei weitem noch nicht so weit."

Brüche in ÖVP

Die ÖVP-Spitze muss jedenfalls auch intern noch Überzeugungsarbeit leisten. "Das ist bei uns nicht so einfach wie bei der SPÖ", sagt Alice Pitzinger-Ryba, Geschäftsführerin des Familienbundes. "Zwischen einem Gio Hahn und einem Bergbauern in Tirol ist eben ein großer Unterschied, sie sind aber beide eingetragene ÖVP-Mitglieder." Pitzinger-Ryba appelliert, dass die Homosexuellen neben den Rechten auch sämtliche Pflichten für Paare auferlegt bekommen. Es müsse ein ausgewogenes, gerechtes Gesetz werden.

Mit einem hatte die ÖVP auf jeden Fall Unrecht: "Ich traue mich beinahe wetten, dass wir, wenn wir in fünf Jahren wieder diskutieren, wahrscheinlich ein solches Rechtsinstitut haben", sagte der Steirer Drexler im ORF. Das war im September 2004. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 15.7.2009)