Richard Grasl.

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Wien - Schon vor seiner Bestellung zum ORF-Direktor, für die es die Zustimmung des ORF-Stiftungsrates braucht, ebnet ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Richard Grasl den Weg in die Kaufmännische Direktion. Wrabetz hat den bisherigen Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich mit der Oberaufsicht beziehungsweise Projektleitung über die "Strukturmaßnahmen zur mittelfristigen substanziellen Reduktion der Kostenbasis" betraut, wie aus einer vorliegenden internen Mitteilung von Wrabetz hervorgeht.

"Inakzeptabel"

Wrabetz' Vorgehen stößt beim ORF-Zentralbetriebsrat auf heftige Kritik. Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser hält es für "inakzeptabel", dass "noch bevor ein Kaufmännischer Direktor bestellt wurde, Richard Grasl als Finanzkommissar eingesetzt wird", wie er betonte. ORF-Kommunikationschef Pius Strobl betont indes, dass auf den ORF "noch ein schweres Stück Arbeit" zukomme und es "keine Veranlassung gibt, sich nicht sofort an die Arbeit zu machen". Grasl sei mit der Zusammenführung und Koordinierung der verschiedenen Arbeitsgruppen zum Thema Strukturreform betraut, "mit seinen Ambitionen zum Kaufmännischen Direktor hat das nichts zu tun. Da gibt es keinen Zusammenhang", so Strobl. Ob Grasl Kaufmännischer Direktor werde, entscheide allein der Stiftungsrat.

Als Voraussetzung für die Teilrefundierung der Gebührenbefreiungen sieht der neue Entwurf zum ORF-Gesetz vor, dass der Sender nachvollziehbare Strukturmaßnahmen zur Kostensenkung setzt. "Die Vorbereitung dieser Aktivitäten erfordert ein intensives Zusammenwirken aller Bereiche des Hauses", so Wrabetz. Er habe deshalb Grasl mit der Leitung dieses Projekts betraut. In seinem Schreiben ersuchte Wrabetz seine Direktoren und Hauptabteilungsleiter, Grasl in den kommenden Wochen zu unterstützen.

Nicht existent

Nicht nur das Vorgehen Wrabetz' in der Causa Grasl, dessen Wechsel auf den Küniglberg als Gegenleistung an die Politik für die Gebühren-Teilrefundierung gilt, sorgt für Missmut bei seinem Zentralbetriebsratschef. "Wrabetz ist schon in seiner Funktion als Generaldirektor nicht existent und nimmt auch die Funktion des Hörfunkdirektors nicht wahr", so Moser in Richtung Wrabetz, der für den erkrankten Willy Mitsche derzeit auch die Hörfunkdirektion führt. Ab kommender Woche gehören zu Wrabetz' Aufgabengebiet auch noch die "operativen Letztentscheidungen" über die Vermarktungstochter ORF-Enterprise, die gerade ihren bisherigen Chef Walter Zinggl verloren hat. Als Berater des ORF-Chefs bei der Enterprise wurde bereits Franz Prenner engagiert.

Strobl hält diese Kritik für unzulänglich - sie entbehre jeder Grundlage. Die Arbeitsergebnisse des Generaldirektors "sprechen für sich". Es habe keine Geschäftsführungsperiode gegeben, die mehr Positives für den ORF hervorgebracht habe, ist Strobl überzeugt. Auch von einem Entscheidungsstau - weder in der Generaldirektion noch in der Hörfunkdirektion - könne keine Rede sein.

Gesetz ein "veritabler Pfusch"

Bei den ORF-Belegschaftsvertretern stießen indes auch die Politik und die geplante ORF-Gesetzesnovelle auf Kritik. Das Gesetz sei ein "veritabler Pfusch", der weder dem ORF noch den Privatsendern nützt, findet Moser und gibt damit nach eigenen Angaben den Grundtenor aus der Sitzung des Zentralbetriebsrats vom Montag wieder. Mit der geplanten Medienbehörde werde ein "Oberspielleiter für sämtliche Medienauftritte" eingerichtet, was eine unnötige Verbürokratisierung des Rundfunkwesens bedeute und Kompetenzen von den Rundfunkbetreibern abziehe.

Die geplante Teilrefundierung der Gebührenbefreiungen "als politischen Erfolg zu verkaufen, ist eine ernsthafte Chuzpe". Abzüglich der Umsatzsteuer bekommt der ORF auf vier Jahre lediglich 145 Millionen Euro - von 240 Millionen, die ihm zustehen, so Moser. (APA)