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Unfall bei der Wette "Power Jump". "Ich habe vieles gesehen in meiner Laufbahn, so gefürchtet hab' ich mich noch nie, dass dem jungen Mann etwas passiert", kündigte Gottschalk diese Wette an.

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Gottschalk und Hunziker unter Schock.

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Mitarbeiter spannten ein Tuch um die Unfallstelle.

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Um 21.10 Uhr brach Gottschalk die Sendung ab.

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"Reicht es nicht, wenn du dreimal über einen Smart springst?", hat Gottschalk den Kandidaten gefragt.

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Düsseldorf - Die Verletzungen des bei der ZDF-Show "Wetten, dass..?" verunglückten Samuel Koch sind nach Klinik-Angaben schwerwiegender als nach dem Unfall vermutet. Zwar bestehe keine akute Lebensgefahr, der Patient sei aber in "ausgesprochen kritischem Zustand", sagte der ärztliche Direktor der Uniklinik Düsseldorf, Wolfgang Raab.

Der 23-Jährige habe eine komplexe Verletzung an der Halswirbelsäule, auch das Rückenmark sei in Mitleidenschaft gezogen worden. Raab sprach außerdem von Lähmungserscheinungen. Er sei am Sonntag einer zweieinhalbstündigen Notoperation unterzogen worden. Zu möglicherweise bleibenden Schäden wollte sich Raab nicht äußern.

Am Montag hieß es, dass die Ärzte den Verletzten aus dem künstlichen Koma holen wollen. Dies werde vermutlich zwei Tage dauern, sagte die Sprecherin der Düsseldorfer Uniklinik, Susanne Dopheide. Erst danach könne die "neurologische Situation" des 23-Jährigen endgültig beurteilt werden - also ob bei dem Patienten weiterhin Lähmungserscheinungen auftreten.

Kandidat sprang über fahrende Autos

Die Show "Wetten, dass...?" ist am Samstagabend nach einem Wettunfall abgebrochen worden. Bei der ersten Wette mit dem Titel "Power Jump" hatte der 23-jährige Samuel Koch gewettet, mit Hilfe von Sprungfedern innerhalb von vier Minuten über fünf fahrende Autos springen zu können. Während der erste Sprung über einen Smart gelang, brach der Kandidat den zweiten Versuch ab. Der dritte ging noch einmal gut, beim vierten prallte der Kandidat gegen das Auto und blieb zum Schrecken aller reglos liegen. Am Steuer des Wagens saß sein eigener Vater.

Während Gottschalk zunächst noch zögerlich reagierte, rief seine Co-Moderatorin Michelle Hunziker direkt nach einem Notarzt. Rettungssanitäter trugen den Verunglückten aus der Halle.

Unterbrochen, dann abgebrochen

Samstagabend zeigten ORF 2 und ZDF zunächst Musikvideos. "Wir haben 'Wetten, dass...?' wegen eines Unfalls unterbrochen. Die Sendung wird in wenigen Minuten fortgesetzt", wurde eingeblendet. Um ca. 21.10 Uhr meldete sich Gottschalk wieder, um anzukündigen, dass die Sendung abgebrochen werde. Er halte es für seine Pflicht, "nicht einfach weiter zu machen, als wäre nichts passiert". Alle Gäste seien "unter Eindruck dessen, was passiert ist", man wolle "nicht auf heiter zu machen, wenn wir nicht heiter sind". Gottschalk habe immer gesagt, "das wäre für mich das Allerschlimmste, wenn einem meiner Kandidaten in meiner Livesendung was passiert". "Ich weiß, dass Sie mich verstehen", sagte er zum Publikum. Es sei der erste derartige Abbruch einer Show in seiner Karriere.

ZDF: "Konnten und wollten die Unterhaltungssendung nicht fortsetzen"

Die ersten Informationen über den Zustand des Wettkandidaten seien nicht eindeutig gewesen, teilte das ZDF mit. "Unter dieser Voraussetzung konnten und wollten wir die Unterhaltungssendung nicht fortsetzen", erklärte ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, "ich wünsche vor allem, dass es unserem Wettkandidaten bald wieder besser geht und er keine bleibenden Verletzungen davon trägt. Unsere Redaktion und Produktion legen immer größten Wert auf die Sicherheit aller Beteiligten." Man werde den Unfall "gründlich untersuchen und Lehren daraus ziehen". In der ZDF-Mitteilung heißt es weiters, die Wette sei im Vorfeld "mehrfach geprobt" worden. Der Kandidat "hatte Schutzkleidung am ganzen Körper und einen Helm getragen".

Das ZDF will aus dem Unfall Konsequenzen für die Auswahl künftiger Wetten ziehen. Gleichzeitig verteidigte Unternehmenssprecher Alexander Stock die Entscheidung für die riskante Wette, bei der am Samstagabend der 23-Jährige Samuel Koch verunglückt war. "Alle Wetten werden von Redaktion, Produktion und einem Sicherheitsingenieur des ZDF erst nach intensiver Begutachtung freigegeben", erklärte Stock am Sonntag in Mainz.

"Der Kandidat hatte in enger Absprache mit dem ZDF die Durchführung der Wette intensiv geprobt", erläuterte er in einer Mitteilung. "Herr Koch ist neben seinem Studium in Hannover als freier Akrobat und Stuntman tätig und aktiver Kunstturner", betonte Stock. "Das ZDF wird den Ablauf und die Ursachen des Unfalls gleichwohl in allen Details noch einmal überprüfen und wird aus dem Ergebnis Konsequenzen bei der Auswahl von Wetten ziehen."

Wettkandidat stürzte bereits bei Proben

Koch ist bereits bei den Proben für die Sendung gestürzt. "Der Wettteil klappt noch nicht", hatte der 23-Jährige vor Beginn der Liveshow der "Badischen Zeitung" gesagt. "Bei den Proben am Donnerstag bin ich zweimal schwer gestürzt", zitierte das Blatt den aus Baden-Württemberg stammenden Wettkandidaten. Die Proben hätten ihm zwar eine "gewisse Sicherheit" gegeben. "Ich bin aber doch noch skeptisch", sagte er. Das ZDF habe im Vorfeld keine Zweifel daran gehabt, dass K. seine Wette machen könne, erklärte der Sprecher des Mainzer Senders, Peter Gruhne. Der Sturz bei den Proben sei "völlig undramatisch" gewesen.

Ersatzprogramm

ORF und ZDF zeigten als Ersatzprogramm die Spielfilme "Donna Leon - Venezianisches Finale" beziehungsweise "Ein starkes Team". Bei der Familiensendung "Wetten dass" sollten am Samstagabend unter anderem der Teenie-Star Justin Bieber und die wiedervereinigte Popband "Take That" auftreten.

Nach dem Unfall hat Moderator Thomas Gottschalk Vorwürfe zurückgewiesen, unter Quotendruck eine zu gefährliche Wette zugelassen zu haben. "Den Vorwurf, wir hätten unter Konkurrenzdruck eine unverantwortliche Wette ins Programm genommen, möchte und muss ich zurückweisen", sagte Gottschalk der "Süddeutschen Zeitung" (Montag).

"Immer schon riskante Wetten"

"Wir hatten immer schon riskante Wetten, ob mit Motorrädern oder auf Skisprungschanzen. Das ist ein Teil des Programms", erklärte er. Jetzt werde man aber natürlich überlegen müssen, ob das so bleiben könne. Auch das hänge davon ab, wie schnell es dem Kandidaten besser gehe.

Gegen "überzogene Dramatik"

"Ich bin im Redaktionsteam dafür bekannt, dass ich aus den Wetten immer unnötigen Druck herausnehme", betonte Gottschalk. "Das heißt, natürlich habe ich den Kandidaten gefragt: Müssen denn die Autos immer größer werden? Reicht es nicht, wenn du dreimal über einen Smart springst?" Er halte nichts davon, eine "überzogene Dramatik" zu erzeugen. "In diesem Fall habe ich einen hochmotivierten Kandidaten gehabt, der von sich aus Druck gemacht hat", sagte der ZDF-Moderator.

Über die Stürze bei den Proben sagte Gottschalk: "Ich war bei allen Proben dabei, Samuel ist nach einem Sprung kurz hingefallen, aber wieder aufgesprungen wie ein Fußballer nach einem leichten Foul."

The show must go on

Das ZDF will "Wetten, dass..?" trotz des schweren Unfalls fortsetzen. "'Wetten, dass..?' wird sicherlich weiter gehen", sagte ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut am Montag im Radiosender NDR Niedersachsen. Allerdings werde mehr für den Schutz der Kandidaten getan. "Wir werden noch einmal den Sicherheitsstandard erhöhen, obwohl wir immer der Auffassung waren, er ist kaum zu erhöhen." Er werde nun jede einzelne Phase der Show prüfen. "Wir müssen gucken, wie verändern wir die Regeln bei den Wettkandidaten so, dass sich so etwas nicht wiederholt", sagte Bellut. Bedrückend sei aber, dass es nie eine hundertprozentige Sicherheit geben könne. Mehr dazu hier. (APA/red)