Die deutsch-türkische Theatermacherin Shermin Langhoff.

Foto: Standard/Matthias Cremer

"Theater ist Schall und Rauch" - so erfrischend bescheiden und einfach ist der Tonfall der neuen Chefkuratorin der Wiener Festwochen, Shermin Langhoff: Die deutsch-türkische Theatermacherin, 1969 in Bursa in der Westtürkei geboren, wird ab 2014 neben Markus Hinterhäuser die Position der stellvertretenden Intendantin einnehmen sowie das Schauspielprogramm leiten.

Dass sie sich erst spät und auch nur auf Anraten der Entscheidungsträger um den Job beworben hat, ist ein weiteres Zeichen einer neuen, keineswegs achtlosen Lockerheit, mit der die designierte Vizechefin auch ihre Arbeit als Initiatorin und künstlerische Leiterin des mittlerweile legendären Ballhaus-Theaters in Berlin-Kreuzberg versieht.

Diese Spielstätte in der Naunynstraße hat Langhoff als jüngste Intendantin Deutschlands innerhalb dreier Jahre zu einer der wichtigsten Adressen gemacht, an denen man sich mit postmigrantischen Positionen auseinandersetzt. Im Februar wurde sie dafür mit dem renommierten Kairos-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung geehrt. Letzter Triumph ihrer Intendanz ist die Einladung der Ballhaus-Produktion Verrücktes Blut (Regie: Nurkan Erpulat) zum Berliner Theatertreffen in diesem Mai; höher hinaus geht es nicht.

Und dabei kommt Langhoff, die 1996 in eine der berühmtesten deutschen Theaterdynastien eingeheiratet hat (Schwiegervater Thomas Langhoff zählt wie einst sein Vater Wolfgang zu den prägendsten Figuren des ostdeutschen Theaters), gar nicht vom Theater, sondern vom Film.

Mit neun Jahren von der Türkei nach Deutschland übersiedelt, gründete Langhoff schon früh in Nürnberg ein Filmfestival und arbeitete unter anderem mit Fatih Akin zusammen. Zunächst heimisch an Castorfs Volksbühne, wurde sie dann 2004 Kuratorin des Theaters Hebbel am Ufer (HAU) und ist hier durch ihren Fokus auf kulturelle Diversität und ihre diskursivfördernden Projekte auf Zuspruch gestoßen.

Dass Langhoff die Fähigkeit besitzt, Netzwerke aufzubauen, Menschen zusammenzubringen und Projekte zu initiieren, ist offenbar - so schrieb etwa Feridun Zaimoglu in ihrem Auftrag das preisgekrönte Stück Schwarze Jungfrauen. Wenn es ihr gelingt, die ihrem Ballhaus nachgesagte "Mischung aus Anspruch und Understatement" mit nach Wien zu bringen, darf man der Festwochen-Zukunft freudvoll entgegenblicken. Auf alle Fälle mitkommen werden Gatte Lukas und Tochter Rosa. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD - Printausgabe, 5. Mai 2011)