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Von der Benutzung von Öl, Alkohol oder Klebstoff zur Entfernung der Zecke raten Experten dringend ab.

Foto: APA/Stephan Jansen

Wenn der Sommer vor der Tür steht und das warme Wetter zu Ausflügen ins Grüne lockt, sind auch Zecken besonders aktiv. Die blutsaugenden Spinnentiere können nicht nur die Frühsommer-Meningoenzephalitis, sondern auch Borreliose übertragen. „Die Borreliose ist die häufigste durch Zecken vermittelte bakterielle Infektionskrankheit in der nördlichen Hemisphäre", sagt Florian Thalhammer, Leiter der Borrelioseambulanz an der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin am AKH Wien.

Eine Zecke kann neben dem Zeckenenzephalitis-Virus also auch das Bakterium Borrelia burgdorferi, benannt nach dessen Entdecker Willy Burgdorfer, in sich tragen. Genau genommen handelt es sich um die weibliche Schildzecke Ixodes ricinus, umgangssprachlich auch Holzbock genannt. Sie überträgt den Krankheitserreger durch einen Stich in die Haut und das anschließende Blutsaugen.

Wandernde Röte

Einmal eingedrungen, besitzt das Bakterium die Fähigkeit sich im gesamten Organismus auszubreiten. Deshalb könne innere Organe und Gelenke von der Lyme-Borreliose ebenso betroffen sein, wie das Nervensystem oder die Augen.

Am häufigsten macht sich die Infektionserkrankung allerdings auf der Haut bemerkbar. Es kommt zur Wanderröte, im Fachjargon auch Erythema migrans genannt. „Zunächst hat der Patient an der Einstichstelle einen unspezifischen roten Fleck, der sich nach etwa zehn Tagen ringförmig vergrößert, bis er nach etwa einem Monat wieder verblasst", beschreibtThalhammer diese unverkennbare Hauterscheinung.

Befallene Nerven

Oft war es das auch schon und die Wanderröte bleibt das einzige Krankheitszeichen. Rund zehn Prozent der Erkrankten, entwickeln jedoch Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich eine Neuroborreliose. Die Betroffenen leiden vor allem nachts unter brennenden Schmerzen. Schwäche und Lähmung der Gesichtsnerven sind ebenfalls möglich.

Therapiert wird immer antibiotisch. Empfehlungen für die Therapiedauer variieren zwischen 2 Wochen (Erythema migrans) und 3-4 Wochen (Spätmanifestationen). Von einer prophylaktischen Antibiotikagabe nach einem Zeckenstich raten Experten ab.

Unbehandelt ist der Übergang in ein chronisches Stadium möglich. In dieser Phase der anhaltenden Infektion kann es zu Gelenksentzündungen (Lyme-Arthritis, Anm.Red.) oder typischen Hautveränderungen (Acrodermatitis chronica atrophicans, Anm. Red.) kommen.

Anziehen und einsprühen

Schutzimpfung gegen die Borreliose gibt es keine. Das Infektionsrisiko lässt sich jedoch mit Präventivmaßnahmen auf ein Minimum reduzieren. Hier ist vor allem die passende Kleidung entscheidend. „Da Zecken nicht vom Himmel fallen, sondern bis maximal 150 cm an Pflanzen hochklettern, werden Kinder am Haaransatz oder Nacken häufig gestochen, Erwachsene zwischen den Beinen beziehungsweise in den Kniekehlen", weiß der Experte. Der Aufenthalt in der freien Natur empfiehlt sich daher nur mit geschlossenen Schuhen, Socken, langen Hosen und im Idealfall einer lang ärmelige Oberbekleidung.

Thalhammer rät außerdem zur Anwendung von Repellentien wie Anti-Zecken-Sprays. Das Absuchen der Risikostellen nach dem Ausflug ins Grüne ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Je früher man die Zecke entdeckt, desto geringer ist auch das Risiko der Übertragung der Borrelien-Erreger. „Die Zecke muss mehr als 24 Stunden Blut saugen, um den Menschen mit Borrelien infizieren zu können. Erst nach dieser Zeitspanne kann eine Borreliose auftreten", erklärt Thalhammer. Anders als bei den FSME-Viren werden die Erreger also nicht gleich übertragen.

Noch kein Impfstoff

Österreich gilt zwar als Zecken-Endemigebiet, aber nicht jeder Zeckenstich führt auch zu einer Erkrankung. „Rund 20 Prozent der Zecken in Österreich sind mit Borrelien infiziert, vier bis acht Prozent der Zeckenstiche führen zu einer Borreliose. Das sind rund 75.000 Borreliose-Erkrankungen pro Jahr", berichtet Thalhammer. Während alljährlich im Frühling auf die FSME-Schutzimpfung aufmerksam gemacht wird, ist ein Impfstoff gegen Borrelien-Erreger noch nicht im Umlauf. Die Entwicklung einer Vakzine scheiterte bislang an der Vielfalt der Krankheitserreger. „An einem Zeckenimpfstoff, der alle in Europa relevanten Borrelienspezies erfassen soll, wird derzeit geforscht", so der Infektiologe.

Kommt es bei aller Vorsicht dennoch zu einem Zeckenstich herrscht kein Grund zur Panik. Unauffällige Stiche ohne Erkrankungszeichen machen einen Arztbesuch nicht erforderlich. Mit einer geeigneten Pinzette sollte die Zecke so nah wie möglich an der Haut beziehungsweise am Kopf gefasst und vorsichtig herausgezogen werden. Danach empfiehlt Thalhammer die Einstichstelle mit sterilem Alkohol zu desinfizieren. Von der Benutzung von Öl, Alkohol oder Klebstoff zur Entfernung der Zecke rät der Infektiologe dringend ab. Noch vorhandener Zeckenreste in der Haut könnten zu einer lokalen Infektion führen. (derStandard.at, 05.2011)