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Sieht aus wie andere Brustimplantate, ist aber brüchig und entzündungsfördernd: Die PIP-Produkte dürfen schon seit 2010 nicht mehr vertrieben werden, 30.000 Frauen in Frankreich tragen sie noch.

Foto: Reuters/Eric Gaillard

Wien - "Die Verunsicherung ist groß", sagt Arthur Worseg, Facharzt für plastische Chirurgie. Dutzende Patientinnen hätten ihn kontaktiert, seit am Dienstag bekannt wurde, dass auch in Österreich Frauen ein fehlerhaftes Silikonimplantat der französischen Firma Poly Implant Prothese (PIP) eingesetzt wurde. In Frankreich sollen sich 30.000 Frauen die Implantate wieder entfernen lassen. Nach Angaben des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) wurden die acht Betroffenen in Österreich informiert. Sie seien von derselben Ärztin behandelt worden.

In drei Fällen seien die Implantate im März 2010 entfernt worden, als der Produktfehler bekannt wurde. Die Firma gibt es seither nicht mehr. Die anderen fünf Patientinnen seien informiert und stünden unter engmaschiger Beobachtung. Sie alle haben die PIP-Implantate zum Wiederaufbau der Brust nach einer Krebsbehandlung erhalten.

Marcus Müllner von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) sagt, den Frauen sei empfohlen worden, die Implantate vorerst nicht entfernen zu lassen. "Die Produkte weisen noch keine Fehler auf, eine Operation am bereits bestrahlten Gewebe ist strapaziös."

Austausch alle zehn Jahre

Sollte eine krebserzeugende Wirkung der PIP-Produkte nachgewiesen werden, müssten die Implantate sofort entfernt werden, so Boris Todoroff, Bundesobmann der Gesellschaft für plastische Chirurgie. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. Grundsätzlich seien Brustimplantate seit etwa 40 Jahren auf dem Markt. Konkrete Hinweise auf die Förderung von Brustkrebs gäbe es keine, Verdachtsfälle immer wieder. "Implantate sind kein Lebenszeitprodukt - ein Tausch alle zehn Jahre wird allen Patientinnen empfohlen", sagt Todoroff.

Das PIP-Kissen habe das Zulassungsverfahren inklusive klinischer Prüfung überstanden, erst danach wurde das Produktionsverfahren verändert, sagt Müllner. Zum einen sei die Hülle brüchiger, zum anderen der Inhalt entzündungserregender als erlaubt. Die Firma soll sich mit dem billigeren Material rund eine Million Euro im Jahr erspart haben.

Thomas Hintringer, Vorstand der Gesellschaft für plastische Chirurgie, fordert, nach den Vorfällen die Zulassungsverfahren von Implantaten zu evaluieren. Als Arzt müsse man sich darauf verlassen können, dass auf den Markt gelangte medizinische Produkte, die mit dem CE-Kennzeichen versehen sind, den Qualitätskriterien entsprechen.

Um die Wirksamkeit wirklich nachweisen zu können, brauche es bei medizinischen Produkten immer große Patientenmengen, erklärt Müllner. In manchen Fällen - etwa bei den Hüftgelenksprothesen der Firma DePuy - werde Schadhaftigkeit erst im Laufe der Zeit deutlich.

Worseg sagt, die Medizinproduktgesetze seien zwar sehr streng, er und seine Mitarbeiter würden bei neuen Produkten dennoch nach wissenschaftlichen Studien oder Daten suchen. Finde sich nichts, lasse man die Finger davon. "Uns wurde das betroffene Produkt auch angeboten. Es war sehr billig - aber wir haben abgelehnt." (Julia Herrnböck, Gudrun Springer DER STANDARD, Print, 22.12.2011)