Hamburg - Der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, fordert von Deutschland die Unterstützung von Eurobonds. "Als es noch keinen Fiskalpakt und andere Instrumente zur Haushaltsdisziplin gab, hatten die Deutschen gute Gründe, nicht die Verantwortung für unverantwortliche Budgetbeschlüsse anderer Staaten übernehmen zu wollen", sagte Blanchard der "Financial Times Deutschland". "Nun haben wir den Fiskalpakt. Deshalb sollten die Deutschen akzeptieren, dass sich die Eurozone in Richtung Eurobonds bewegt."

Eurobonds würden letztlich bedeuten, dass die Mitglieder der Eurozone keine eigenen Staatsanleihen mehr herausgeben, sondern nur noch gemeinschaftliche Papiere. Für Krisenländer würden dadurch die Zinsen sinken, für Deutschland und andere Staaten mit Bestnoten steigen. Ökonomen hoffen, dass dadurch Spekulanten das Nachsehen haben und Investoren weltweit neues Interesse an Euro-Anleihen zeigen.

Vorsichtiger Einstieg

Blanchard rät in der Zeitung zu einem vorsichtigen Einstieg in die Euro-Gemeinschaftsanleihen. "Ich schlage nicht vor, dass es mit einem Schlag einen einzigen Euro-Anleihemarkt gibt. Ein vorsichtiger Einstieg wäre, dass die Eurozone zunächst die Begebung von kurzfristigen Staatsanleihen mit Laufzeiten von unter einem Jahr vergemeinschaftet. Zur Disziplinierung könnte man festlegen, dass Länder, die gegen den Fiskalpakt verstoßen, ausgeschlossen werden."

Deutschland empfahl Blanchard, zum Abbau seiner umstrittenen Exportüberschüsse vorübergehend eine höhere Inflationsrate zu akzeptieren. Allerdings plant die Regierung in Berlin derzeit nicht, die Überschüsse absichtlich zu verringern. (APA, 23.4.2012)