Von Gregor Eichinger dezent gestaltet: Die Räumlichkeiten von Peter Coelns Galerie Ostlicht in der Ankerbrotfabrik.

Foto: Marco Pauer

Wien - Das Nordlicht ist in manchen Breiten ein alltägliches Phänomen. Das Westlicht hingegen ein ausschließlich Wienerisches: Peter Coeln gelang es, mit Auktionen von historischen Kameras eine international bekannte Fotoinstitution zu etablieren. Erst kürzlich wurde in Wien zum fünften Mal der Weltrekord für den teuersten Fotoapparat aufgestellt: Eine Vorserien-Leica aus dem Jahr 1923 erzielte einen Auktionspreis von 2,16 Millionen Euro.

Das Geschäft geht derart gut, dass sich Coeln zur Expansion entschloss: Er erwarb ein rund 800 Quadratmeter großes Loft in der Ankerbrotfabrik (gleich neben der Kunsthalle von Ernst Hilger) - und ließ es von Architekt Gregor Eichinger mit Bedacht auf die Industriearchitektur sehr dezent zu einem Zentrum für zeitgenössische Fotokunst gestalten.

Unter dem naheliegenden Titel Ostlicht vereinigt es neben zwei langgezogenen Ausstellungsräumen einen Bookshop, eine Bar und eine Fachbibliothek mit über 20.000 Büchern und Zeitschriften, deren Bestand natürlich laufend erweitert werden soll.

Das vor elf Jahren eröffnete Westlicht wird aufgrund der Zellteilung noch stärker zum Museum und Präsentationsort klassischer Fotografie; das Ostlicht soll sich als kommerzielle Galerie über kurz oder lang selbst erhalten. Geplant sind Einzelausstellungen internationaler Stars wie Jürgen Teller oder, schon recht konkret, Wim Wenders sowie Gruppenausstellungen mit vornehmlich heimischer Beteiligung. Zudem soll ein "Photographer in Residence"-Programm gestartet werden.

Geschäftsführerin Verena Kaspar-Eisert zeigt zum Auftakt mit "Nacht" eine Schau, die programmatisch für die Ausrichtung steht: Das Feld erstreckt sich von Reportagefotografie über Solarisationsexperimente bis zu Langzeitbelichtungen. Besonders interessant erscheinen die gesellschaftskritische Ansätze: Borjana Ventzislavova z. B. zeigt schäbige Räume von Sexclubs und Bordellen, Katrina Daschner thematisiert mit abfotografierten Matratzen in Originalgröße sexuellen Missbrauch. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 4.6.2012)