Bochum - Funktionstraining, Rehabilitationssport, Physiotherapie und vor allem langsame Sportarten mindern bei Menschen mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen die Schmerzen und verbessern ihre Beweglichkeit. In den vergangenen Jahren übernahmen jedoch die deutschen Krankenkassen seltener die Kosten einer Bewegungstherapie. Zudem nahmen immer weniger Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) eine stationäre Rehabilitation wahr: Ihre Zahl ist seit 1994 um mehr als die Hälfte gesunken. Das zeigen aktuelle Daten der Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren.

Dabei erhöhen Bewegungstherapien und die Rehabilitation nicht nur die Lebensqualität, sondern vermindern auch Arbeitsausfälle, Frühberentung und Folgekosten. Warum viele Rheuma-Patienten keinen Sport treiben, wie sie mobil bleiben und berufliche Einschränkungen vermeiden, diskutieren Experten auf dem 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) vom 19. bis 22. September 2012 in Bochum.

Starke Schmerzen der Gelenke schränken viele Menschen mit rheumatoider Arthritis (RA) bei alltäglichen Bewegungen ein. "Trotzdem erhält etwa ein Drittel dieser RA-Patienten nie eine Rehabilitation und ein Fünftel nie ambulante Bewegungstherapien", kritisiert Wilfried Mau, Sprecher der DGRh-Kommission Rehabilitation und Sozialmedizin. Dabei würde Funktionstraining und Rehabilitationssport ihre Beweglichkeit verbessern und dauerhafte Fehlstellungen von Gelenken verhindern. "Sportlich aktive Rheuma-Patienten berichten häufiger über eine bessere Lebensqualität und ein gutes psychisches Wohlbefinden", ergänzt Mau von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Bewegung unter Anleitung

Dennoch sei ein inaktiver Lebensstil bei Rheuma-Patienten verbreitet. Etwa 40 Prozent der RA-Patienten treiben gar keinen Sport. Zwar bieten Vereine und Selbsthilfegruppen wie die Deutsche Rheuma-Liga Funktionstraining und Rehabilitationssport-Gruppen an. Die Krankenkassen übernehmen aber immer seltener die Kosten einer Bewegungstherapie, so Mau. "Rheuma-Patienten mit Gelenkschmerzen sind zudem oft verunsichert, wie viel und vor allem welcher Sport geeignet ist", so der Rheumatologe im Vorfeld des DGRh-Kongresses. Eine Sport- und Physiotherapie, bei der sie sich unter Anleitung bewegen - am besten in Verbindung mit Informationen und Verhaltenstraining im Rahmen der Rehabilitation - bieten ihnen einen guten Einstieg in dauerhafte sportliche Aktivitäten. Spezialisierte Rehabilitationszentren, die über Erfahrungen mit einer großen Zahl von Rheuma-Patienten verfügen, sind besonders geeignet.

Die DGRh empfiehlt, das Sportprogramm an die jeweilige Krankheitssituation anzupassen. "Ist zum Beispiel nur die Hand betroffen, empfehle ich, Fußball zu spielen, aber möglichst nicht Basketball", so  Ekkehard Genth, Generalsekretär der DGRh, Aachen. Seien hingegen viele Gelenke entzündet, bietet sich eine Bewegungstherapie in warmem Wasser an. Allgemein seien Sportarten mit langsamen Bewegungsabläufen - wie etwa Nordic Walking - geeigneter, und die Trainingseinheiten sollten häufig und dafür kurz gewählt werden. Weitere Tipps zur passenden Sportart und praktische Bewegungsübungen stehen auch auf dem Programm des Patiententages im Rahmen des Kongresses. Dieser findet am Samstag, dem 22. September 2012 von 10 bis 14 Uhr im Rahmen des DGRh-Kongresses im RuhrCongress Bochum statt. (red, 17.9.2012)