Dank steigender Lebenserwartung wird immer später vererbt. Vier von fünf Erblassern geben ihren Besitz an ihre Kinder weiter, ein Fünftel denkt dabei auch an die Enkelkinder.

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Drei von vier über 50-jährigen Österreicherinnen und Österreichern werden Immobilienbesitz vererben, und diese vererbten Immobilien werden im Schnitt 220.000 Euro wert sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des ehemaligen Wifo-Chefs Helmut Kramer im Auftrag der Raiffeisen Bausparkasse. Die Ergebnisse einer Gfk-Umfrage unter 1.800 Personen aus der Altersgruppe 50plus wurden dafür ebenso berücksichtigt.

Familie profitiert

"Heute ist der Wert des privaten Immobilienvermögens höher als er je war und doppelt so hoch wie jener des Geldvermögens", erklärte Raibau-Generaldirektor Manfred Url am Mittwoch bei der Präsentation der Ergebnisse. Das hat unter anderem damit zu tun, dass mittlerweile mehr als zwei Drittel der Über-50-Jährigen im Eigentum wohnen, konkret zu 53 Prozent in Einfamilienhäusern und zu 15 Prozent in Eigentumswohnungen. Allerdings klarerweise mit starken regionalen Unterschieden: In Wien liegt die Eigentumsquote nur bei 27 Prozent, in Niederösterreich bei sage und schreibe 83 Prozent.

Und genau deshalb rolle nun langsam die "Immobilien-Erbschaftswelle an", indem die "Wiederaufbau-Generation" ihr erworbenes oder gebautes Eigentum an die nachfolgende Generation weitergibt - und zwar pro Jahr im Gesamtvolumen von zehn Milliarden Euro, erklärte Url unter Bezugnahme auf Kramers Erkenntnisse. Laut der Studie profitieren fast ausschließlich Familienmitglieder davon; die Vererbung an Außenstehende, etwa wohltätige Stiftungen oder Vereine, komme in Österreich höchst selten vor, nämlich nur bei jeder hundertsten Erbschaft.

14 Prozent vererben nichts

Konkret nannten 82 Prozent der Befragten die Kinder als Erben, 21 Prozent (bei Mehrfachnennung) den Partner bzw. die Partnerin, sowie fünf bzw. vier Prozent noch die Enkelkinder und "andere Verwandte". 42 Prozent der befragten Über-50-Jährigen gaben zudem an, ihre Erbangelegenheiten (das gesamte Vermögen betreffend) "bereits geregelt" zu haben, 39 Prozent haben immerhin schon darüber nachgedacht, aber noch nichts geregelt.

Immerhin 14 Prozent werden gar nichts vererben - weil sie "nichts zu vererben" haben (14 Prozent) oder weil sie ihr Vermögen noch zu Lebzeiten verbrauchen wollen (5 Prozent).

Drei Erben für eine Immobilie

32 Prozent der Erblasser vererben nur an eine Person, 60 Prozent der Erbschaften gehen an "zwei oder mehr" Personen. Im Schnitt müssen sich drei Erben das vererbte Vermögen eines Über-75-Jährigen teilen. Im Jahr 1960 waren das noch fünf Personen, erläuterte Url; 2040 werden es nur noch statistische 1,5 Personen sein.

Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Befragten geht davon aus, dass die Erben die Immobilie selbst nutzen werden, 22 Prozent glauben an einen Verkauf, sieben Prozent an eine Vermietung. 28 Prozent haben überhaupt keine Vorstellung davon; hier müsse wohl davon ausgegangen werden, dass die Hälfte der Liegenschaften selbst genutzt, die andere Hälfte vermietet oder verkauft werde, sagte der Raibau-Chef.

West-Ost-Gefälle bei Werten

Weil die Immobilienpreise in Österreich ganz allgemein im Westen tendenziell höher sind als im Osten, sind auch die demnächst zu vererbenden Liegenschaften in den westlichen Bundesländern etwas mehr wert als im Osten. Die eingangs erwähnten 220.000 sind der bundesweite Durchschnitt, in Wien (210.000) und NÖ (200.000) ist die Summe etwas niedriger.

Befragt nach dem Wert ihrer Liegenschaften nannte die relative Mehrheit von 38 Prozent der Umfrage-Teilnehmer das Preisband von 100.001 bis 200.000 Euro, weitere 41 Prozent sogar mehr als 200.000. Immerhin sechs Prozent nannten einen Wert von "500.001 Euro und mehr", wobei dieses Segment nicht weniger als 30 Prozent des Gesamtvermögens ausmache, erläuterte Url. Dass sich die Befragten, von denen wohl höchstens eine kleine Minderheit ein aktuelles Verkehrswertgutachten ihrer Liegenschaft besitzt, dabei arg verschätzt haben könnten, glaubt der Generaldirektor nicht: "Die einen nehmen wohl etwas mehr an, die anderen etwas weniger. Insgesamt wird sich das die Waage halten."

Bank profitiert vom Vererben

Wie die Raiffeisen Bausparkasse von dieser "Erbschaftswelle" profitieren wird, erklärte Klaus Buchleitner, Generaldirektor der RLB NÖ-Wien. "Der Bedarf an kompetenter Beratung nimmt zu", denn nicht selten sei es nach erfolgter Erbschaft die Aufgabe der nächsten Generation, die geerbte Liegenschaft zu sanieren. Auch in der Veranlagung von Vermögenswerten, die aus dem Verkauf von geerbten Immobilien erzielt wurden, ortet man einiges Potenzial.

Am wahrscheinlichsten erbt man heute in Österreich dann, wenn man zwischen 45 und 64 Jahre alt ist. Im Alterssegment "50plus" befindet sich die Mehrheit der Raiffeisenkunden in Niederösterreich, dementsprechend seien "Vererben und Erben immer wichtigere Themen für unsere Kunden", so Buchleitner. (map, derStandard.at, 7.11.2012)