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Zu Ostern werden nur die Härtesten am Neusiedler See kiten. Am Fehlen freier Tage liegt es jedenfalls nicht, davon haben die Österreicher reichlich.

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Wenn es beim Lesen dieses Artikels bereits 22 Uhr ist, Sie noch immer am Arbeitsplatz sind und bereits in die fünfte Überstunde gehen, sollten Sie sich kurz zurücklehnen und ein paar Mal tief Luft holen. Wer nämlich dauerhaft länger als acht Stunden am Tag arbeitet, hat statistisch gesehen ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko, eine Herzkrankheit zu erleiden. Zu diesem Ergebnis kamen im Vorjahr finnische Mediziner, die eine Langzeitanalyse auf mehreren Kontinenten durchgeführt hatten.

Stressig und belastend

Dass die moderne Arbeitswelt oft stressig und belastend ist, ist unter Gesundheitsökonomen und Arbeitspsychologen mehr oder weniger unstrittig. Nicht unstrittig ist, wie man damit umgeht. Die Gewerkschaft und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) drängen, wie berichtet, auf einen leichteren Zugang zu sechs Urlaubswochen.

Derzeit braucht man dafür 25 Dienstjahre beim selben Arbeitgeber, wobei allerdings gewisse Vordienstzeiten angerechnet werden (siehe Wissen). Eine exakte Zahl, wie viele Menschen von dieser Regelung profitieren, gibt es nicht. Laut einer Auswertung des Sozialministeriums gibt es 515. 000 unselbstständig Beschäftigte, die seit mehr als 25 Jahren den gleichen Dienstgeber haben. Sie haben also auf alle Fälle Anspruch.

Rund 1,7 Millionen Beschäftigte haben insgesamt mehr als 25 Dienstjahre vorzuweisen - allerdings bei verschiedenen Arbeitgebern. Bei ihnen kommt es also auf die Anrechnung an.

Viele Überstunden

Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist aber ohnehin nur ein Teil der Wahrheit. Zählt man auch die Feiertage dazu, kommen die Österreicher auf 38 freie Tage, was laut einem Ranking des Beratungsunternehmens Mercer gemeinsam mit Malta Platz eins ergibt. Auf über 30 Tage kommen aber die meisten EU-Länder.

Gleichzeitig kommen die Österreicher aber auch auf die zweithöchste Wochenarbeitszeit in Europa. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat arbeiten Vollzeitbeschäftigte hierzulande im Schnitt 41,8 Stunden. Lediglich die Briten verbringen noch mehr Zeit in der Firma (siehe Grafik).

Der Hauptgrund dafür: Im Vorjahr leisteten laut Statistik Austria mehr als 700.000 Beschäftigte Überstunden. Eine knappe Viertelmillion kommt pro Woche auf mehr als zehn Überstunden, weitere 127.000 Arbeitnehmer kommen auf sechs bis neun Überstunden pro Woche.

Trend hält an

Trotz Wirtschaftskrise in den vergangene Jahren hat sich dieser Trend nicht dramatisch abgeschwächt. 2007 wurde der Rekordwert von 375 Millionen Überstunden erreicht, im Vorjahr waren es fast genau 300 Millionen.

Dieses Zusammenspiel - viel Freizeit und viel Arbeit - macht Reformen schwierig. Der vom ÖGB verlangte Zuschlag auf Überstunden (um diese unattraktiv zu machen), wird von der Wirtschaftskammer kategorisch abgelehnt. Die Arbeitgeber wiederum wollen lieber längere Durchrechnungszeiträume, um sich Überstundenzuschläge zu ersparen. Vom Ruf nach mehr Urlaub, der wohl nicht zufällig kurz vor dem ÖGB-Bundeskongress im Juni kommt, hält man in den meisten Firmenzentralen wenig.

Nach Abzug von Feiertagen, Urlaub und Krankenstandstagen komme man in Österreich ohnehin nur auf 215 Arbeitstage pro Jahr, heißt es beim Baukonzern Strabag. Mehr Freizeit sei daher nur gegen Reduktion des Entgelts vertretbar. Auch bei der Telekom Austria sieht man keinen Grund, am Status quo etwas zu ändern. Gesundheitliche Probleme müssten mit Vorsorgeprogrammen gelöst werden, nicht mit mehr Urlaub, erklärt ein Sprecher.

Beim Handelskonzern Rewe (u. a. Billa, Merkur, Penny) warnt man einerseits vor einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit. Einer Diskussion über die Anrechnungszeiträume stehe man aber durchaus offen gegenüber, heißt es. (Günther Oswald, DER STANDARD, 28.3.2013)