"Blau ist eine warme Farbe": Ein Film von Leidenschaft und Liebe.

Foto: Thimfilm

Wien - Es war ein klares Signal, als man die Goldene Palme von Cannes nicht nur dem Regisseur Abdellatif Kechiche, sondern auch seinen Darstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos zusprach. Vor allem die 20-jährige Newcomerin Exarchopoulos ist in ihrer ostentativen Körperlichkeit sinnlicher Angelpunkt des Films: Wie gebannt hält die Kamera ihre Lust, den Hunger, die Gier und ihr Leiden fest, das sich auf ihrem Gesicht, am Körper manifestiert.

Ein Film von Leidenschaft und Liebe, in haptischen, sinnlichen Bildern - dies ist die große Besonderheit von Blau ist eine warme Farbe / La vie d'Adèle, Chapitres 1 & 2, Adaption einer Graphic Novel von Julie Maroh. Erzählerisch folgt er gängigen Coming-of-Age-Bahnen, selbst wenn das große Erweckungserlebnis hier durch eine Frau passiert. Die 15-jährige Adèle verliebt sich in die Kunststudentin Emma. In mehrfacher Hinsicht eröffnet sie ihr neue Welten.

Natürlich haben Kechiches ausführliche, plastisch inszenierte Sexszenen die größten Diskussionen veranlasst - auch durch Léa Seydoux, die Kechiches Arbeitsweise kritisiert hat. Der Film ist nicht ohne Mängel, doch sie liegen mehr im instruktiven Gestus Kechiches, der seinen Glauben an Bildung untermauert, oder in schematisch gezeichneten Milieus. Nicht unwichtige Details unter einer Gefühlswoge, die auch von uns die größte Nähe will. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 19.12.2013)