Signacs "Port au Bessin", das 1940 den Philharmonikern geschenkt wurde.  

Foto: Arye Wachsmuth

Wien - Auf musikalischer Ebene ist der Leumund der Wiener Philharmoniker tadellos. Doch gibt es in deren 172-jährigen Geschichte ein Kapitel, das der Chronik unrühmliche Paragrafen bescherte.

Dass das Neujahrskonzert eine Erfindung des NS-Regimes sei, zählt noch zu den harmlosen Vorwürfen. Deutlich schwerer wiegt die dokumentierte Gesinnungsnähe: Rund 50 Prozent der Musiker waren NSDAP-Mitglieder, dazu verteilte man unter den Regimegrößen Auszeichnungen. Gauleiter Baldur von Schirach erhielt etwa einen Ehrenring, der vergangenes Jahr für Schlagzeilen sorgte.

Im April 2011 beauftragte Vorstand Clemens Hellsberg ein Historikerteam (u. a. Oliver Rathkolb) mit der Aufarbeitung der Geschichte des Orchesters während der NS-Zeit. Seither werden auf der Website sukzessive Forschungsergebnisse veröffentlicht. Zu den Quellen gehört auch das hauseigene Archiv, in dem neben Programmheften, Autographen auch Korrespondenzen und Ehrengeschenke verwahrt werden.

Bereits 1987 stieß Hellsberg, damals Leiter des Archivs, auf einen brisanten Fund: einen Brief, der Hinweise zu einem Gemälde im Besitz der Philharmoniker enthielt. Konkret zu einem Frühwerk von Paul Signac (Port en Bessin, 1883), das dem Orchester nach einem Konzert im August 1940 in Frankreich überreicht worden war. Von dem Wiener Roman Loos, damals Direktor der Geheimen Feldpolizei, wie man zwischenzeitlich weiß.

Im Vorfeld eines aktuellen Profil-Artikels, der an diesem Beispiel hinterfragt, "warum nicht längst die Provenienzforschungskommission des Bundes eingeschaltet wurde", wiewohl es sich bei den Philharmonikern um einen privaten Verein handelt, wurden jetzt Details bekannt. Bereits vor Jahren hatte Hellsberg Anwälte und Experten (u. a. Bundesdenkmalamt) in dieser Causa beschäftigt.

Vergeblich. Erst Recherchen der 2013 beauftragten Provenienzforscherin Sophie Lillie führten zum Ergebnis: Das laut New York Times von Experten auf 500.000 Dollar geschätzte Bild stammt aus dem Besitz Marcel Kochs.

Der Elsässer war ein politisch aktiver Journalist und aus NS-Sicht damit ein Hetzpropagandist. Koch, Gründer der Documentation Française, starb 1999 kinderlos, die Erbensuche war schwierig und erst vor kurzem erfolgreich, bestätigt Lillie dem Standard . In einer Aussendung betonte Hellsberg, dass die Restitution noch heuer erfolgen wird. (kron, (DER STANDARD, 14.4.2014)