Wien - Die erste praxisbezogene und akademische Psychotherapieausbildung in Kontinentaleuropa will die derzeit in Gründung befindliche Sigmund Freud Privatuniversität Wien anbieten. Ab kommendem Herbst sollen die beiden Studienrichtungen Psychotherapiewissenschaft (als Vollstudium) und European Studies (postgradual) angeboten werden. Derzeit liegt der Antrag auf Zulassung als Privatuni allerdings noch beim Akkreditierungsrat, mit einer Entscheidung rechnete Gründungskomitee-Mitglied Alfred Pritz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien bis Februar 2004. Im März oder April könnte dann ein Vorsemester starten. Das Psychotherapiewissenschafts-Studium soll laut Pritz drei Studiengänge umfassen: Das dreijährige Bakkalaureat-Studium vermittle Grundkenntnisse in Psychotherapie und Beratung, ab dem fünften Semester ist eine Spezialisierung für eine bestimmte psychotherapeutische Methode oder für einen Abschluss in Beratung vorgesehen. Daran schließt sich ein zweijähriges Magister-Studium, mit dessen Abschluss die Eintragung in die Psychotherapeutenliste (bei entsprechendem Alter) möglich ist. Angeboten wird auch ein zweijähriges Doktoratsstudium.

Umweg

Der typische Weg zum Psychotherapeuten erfolge derzeit meist über den Umweg eines anderen Berufs, so Pritz. Die meisten Psychotherapeuten würden ursprünglich Medizin oder Psychologie studieren und ihre Ausbildung zur Eintragung in die Liste dann in Privatvereinen absolvieren. Merkmal der Privatuni soll unter anderem die methodenübergreifende Ausbildung sein, sämtliche Methoden werden in Wahlpflichtfächern angeboten. Als Forschungsschwerpunkte der Uni sind unter anderem die Bereiche Psychotherapie in der Medizin, Interkulturelle Psychotherapie, Psychotherapie und Internet sowie qualitative Psychotherapieforschung geplant. Praktika können an einem Lehrspital der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz absolviert werden. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer Ambulanz in Wien geplant, wo man unter anderem auch Psychotherapie in verschiedenen Sprachen sowie für Personengruppen wie Roma oder islamische Frauen anbieten möchte.

Von 4.750 Euro aufwärts

Die Studiengebühren im Bakkalaureat-Studiengang sollen pro Semester 4.750 Euro, im Magister-Studiengang 5.250 Euro und im Doktoratsstudium 6.250 Euro betragen - eine Reduktion bei Anrechnung anderer Seminare und Lehrveranstaltungen sowie Bildungskredite sind möglich. Für das Aufnahmeverfahren ist eine Gebühr von 450 Euro geplant. Untergebracht werden soll die Privatuni in der Schnirchgasse 9a in Wien-Landstraße, wo die Ambulanz auch die psychotherapeutische Versorgung in Wien-Landstraße und Wien-Simmering übernehmen soll. Der viersemestrige postgraduale Studiengang "European Studies" soll sich laut Pritz unter anderem juristischen Aspekten der EU sowie der Wirtschaftssituation und der Sozialpolitik in Europa widmen. Geleitet wird er vom Bevölkerungswissenschafter Rainer Münz und der Wiener Jus-Professorin Bea Verschraegen. Als "Fernziel" nannte Pritz eine Volluniversität mit zusätzlichen Fakultäten.

Weiteres Projekt

Auch an einem weiteren Privatuni-Projekt in Wien wird gearbeitet: Das städtische Konservatorium soll ab dem Schuljahr 2004/2005 akademische Titel vergeben können. Die Antragstellung beim Akkreditierungsrat, die ursprünglich noch heuer erfolgen sollte, verzögert sich allerdings um einige Monate. Zuvor müsse die Ausgliederung aus dem Bereich der MA 13 (Bildung und außerschulische Betreuung) abgewickelt werden, weil nur private Träger für Privatuniversitäten in Frage kämen, hieß es im Büro der zuständigen Stadträtin Grete Laska. Derzeit stehe man kurz vor der Bestellung eines kaufmännischen sowie eines künstlerischen Geschäftsführers. (APA)