STANDARD: Sie sind gerade zurück vom Fischen in Kanadas Wildnis. War das ein kompletter Selbstversorgertrip?

Schröcksnadel: Teilweise. Dort herrscht jedenfalls noch Natur pur, das gibt es in Österreich nicht mehr. Ich hab dort sogar einen Grizzly mit 600 Kilo getroffen.

Glawischnig: Aber Sie würden einen Bären nicht ernsthaft erschießen?

Schröcksnadel: Na sicher nicht (zeigt seinen Schnappschuss her)!

STANDARD: Aus Ihrer Sicht also ein ökologisch korrekter Urlaub?

Glawischnig: Das klingt nachhaltig, abgesehen vom Flug natürlich.

Schröcksnadel: Also, ob ich da jetzt im Flieger drin sitze oder nicht: Das wird die Ökologie auch nicht retten

Glawischnig: Man könnte die Sommer genauso gut in Niederösterreich verbringen. Wir haben dort am Schotterteich gefischt.

"Wenn heute ein Coach zu einer Athletin sagt: ,Du fahrst wie eine Gurkn obi!' – dann ist die fertig": Schröcksnadel erklärt Glawischnig die feinen sprachlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
foto: heribert corn

Schröcksnadel: Das war sicher "artificial fishing". Das hat nichts zu tun mit einem echten Naturerlebnis.

Glawischnig: Natürlich haben wir einige sehr schöne Spiegelkarpfen wieder ausgesetzt.

STANDARD: Obwohl wir noch im Rekordsommer stecken: Geht für Sie der Nationalsport der Österreicher, das heute oft mit Schneekanonen gesicherte "Schifoan", mit dem Umweltschutz zusammen?

Glawischnig: Prinzipiell ja. Aber aus Sicht der Grünen sollte man nicht aus jedem Skigebiet alles herausholen, nur um den Profit der Betreiber zu erhöhen. Gerade in Österreich sind wir ja mit extremer Klimaerwärmung konfrontiert.

Schröcksnadel: Da bin ich anderer Meinung. Seit 1989 sammle ich, was zum angeblich drohenden Klimakollaps veröffentlicht wird (packt ein Dossier auf den Tisch).

Glawischnig: Sie sagen mir jetzt aber nicht, dass an der Erwärmung die Ufos schuld sind?

Schröcksnadel: Geh bitte! Schauen Sie: Im Spiegel hat ein Meteorologe vom Max-Planck-Institut festgestellt, dass es in den letzten 15 Jahren nicht viel wärmer geworden ist. In Österreich wird mit der Klimaveränderung Angst geschürt – und bei den Grünen hat das System. Die Reden davon, dass es unter tausend Metern bald keinen Schnee mehr gibt, sind Märchen. Laut Zentralanstalt ist es am Hahnenkamm im letzten Jahrzehnt im Winter im Schnitt sogar zwei Grad kälter geworden.

Glawischnig: Da verlasse ich mich lieber auf die Daten des internationalen UN-Klimakomitees. Über tausend Wissenschafter belegen eindrucksvoll, dass wir in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine höhere Klimaerwärmung als unsere Nachbarstaaten haben. Und dafür verantwortlich ist die erhöhte CO2-Konzentration.

STANDARD: Ihre Partei will bis 2030 die CO2-Emissionen halbieren. Was halten Sie von den Tempolimits auf den Autobahnen in den Bundesländern, wo die Grünen mitregieren?

"Sie sagen mir jetzt aber nicht, dass an der Klimaerwärmung die Ufos schuld sind?", fragt die grüne Chefin den skeptischen Skiverband-Präsidenten.
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Schröcksnadel: Dagegen hab ich überhaupt nichts. Die sind mir wurscht. In Amerika sind ja auch überall nur 70, 80 Meilen pro Stunde erlaubt.

Glawischnig: Jeder dieser Hunderter hat einen Hintergrund: Damit haben wir in Tirol die rund 200.000 Müll- und Schrott-Lkws im Jahr von den Autobahnen weggebracht.

Schröcksnadel: Trotzdem erinnert mich das ewige Warnen auch an das Waldsterben. Wenn man in den Achtzigern gesagt hätte, der Wald ist krank, okay. Aber man hat gesagt, der Wald stirbt. Aber auch das war übertrieben: Wir haben heute um 30 Prozent mehr Wald als früher.

Glawischnig: Das Waldsterben ist nicht eingetreten, weil wir in Österreich Schwefeldioxid-Filtertechnologien für Industrieanlagen entwickelt haben, die heute in die ganze Welt exportiert werden.

STANDARD: Im Disput mit Skirennläuferin Anna Fenninger rund um ihre anvisierte Kampagne mit Mercedes haben Sie festgehalten, dass "die Sprache der Frau eine andere ist als die des Mannes". Wovon sprachen Sie da?

Schröcksnadel: Wir haben in unse- rer Nationalmannschaft binnen kurzer Zeit fünf Skirennläuferinnen verloren – und zwar, weil die Trainer mit den Damen nicht richtig umgehen.

Glawischnig: Aber Sie haben dazu eine Einstellung wie Frank Stronach: "Frauen sind Menschen wie wir." Haben Sie dazu jetzt auch eine Studie mit?

Schröcksnadel: Wenn ich wirklich so ein Macho wäre, wüsste ich das nicht: Das Ganze hat sehr viel mit der Sprache zu tun – und deswegen brauchen wir jetzt auch eine eigene Ausbildung für die Trainer. Wenn da heute ein Coach zu einer Athletin sagt: "Du fahrst wie eine Gurkn obi und reißt so nix!" – dann ist die fertig.

Glawischnig: Ich bezweifle stark, dass derartige Abwertungen modernen Trainingsmethoden entsprechen – und ich bezweifle auch, dass das Burschen motiviert. Mich hat es jedenfalls sehr berührt, wie Anna Fenninger erklärt hat, dass man sich als Frau im ÖSV so viel gefallen lassen muss.

Schröcksnadel: Aber warum ist die Anna dann im Verband groß geworden? Ganz einfach: weil wir sie unterstützt und groß gemacht haben!

Glawischnig: Sätze wie diese stoßen mir sauer auf. Sie sollten ein bisschen bescheidener sein. Die Leistung erbringt immer noch die Sportlerin. Wenn sie eine falsche Bewegung macht am Hang, dann ist sie weg.

"Bitte, ich habe in den Neunzigerjahren den Damenrennsport gerettet, als ihn die FIS einstellen wollte": Schröcksnadel kontert Glawischnigs Vorwurf, dass sich Frauen im ÖSV viel gefallen lassen müssen.
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Schröcksnadel: Bitte, ich habe in den Neunzigerjahren den Damenrennsport gerettet, als ihn die FIS einstellen wollte. Da bin ich als Einziger aufgestanden und hab gesagt, das geht nicht – und mich damit auch durchgesetzt.

Glawischnig: Das ist doch Ihre Aufgabe als Präsident, wenn man öffentliche Förderungen kriegt. Das Ganze erinnert mich an diesen Witz: Karajan und Bernstein streiten, wer der beste Dirigent ist. Sagt Bernstein: "Gott hat mir gesagt, ich bin der Beste!" Darauf meint Karajan: "Was soll ich bitte gesagt haben?" Und das ist auch Ihre patriarchale Attitüde: Sie wollen der Retter der Frauen sein!

Schröcksnadel: Ich bin für ab- solute Gleichberechtigung: gleiche Leistung, gleiches Geld. Aber Frauen sind trotzdem andere Wesen.

STANDARD: Trotz alledem gibt es im ÖSV seit jeher viele große Töchter. Wie kommt es, dass bei der letzten WM in Beaver Creek bei Siegerehrungen die alte Bundeshymne abgesungen wurde?

Schröcksnadel: Das ist nicht von uns ausgegangen – und somit ist das Thema für mich erledigt. Wir spielen das, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Aber ich muss sagen, es klingt etwas holprig.

Glawischnig: Wir haben es schriftlich, dass es der Wunsch des Skiverbands war, die alte Hymne zu singen. Aber lassen Sie uns die Neue doch versuchen (setzt an).

Schröcksnadel: Haben wir keine anderen Sorgen! Viel notwendiger wäre, dass den Flüchtlingen aus Kriegsgebieten bei uns geholfen wird – und dass vor Ort die Probleme gelöst werden, damit Menschen erst gar nicht ihre Heimat verlassen müssen.

Glawischnig: Bei den Töchtern werden wir uns nicht einig. Aber in der Frage des Umgangs mit Flüchtlingen stehen wir offenbar mit Skirennläufer Marcel Hirscher auf der Seite der Menschlichkeit. Das freut mich. Vielleicht können wir der Regierung gemeinsam Mut machen.

STANDARD: Wäre eine grüne Regierungsbeteiligung eine schöne oder triste Aussicht für Sie?

Schröcksnadel: Fest steht: Ihr habts mit Sport net viel am Hut. Sport kommt bei euch fast nicht vor. Was ist mit Sport ab dem Kindergarten und in allen Schulstufen?

Glawischnig: In un-serem Programm gibt es sehr wohl die tägliche Turnstunde für Kinder – bis hin zum Sport als Gesundheitsprävention für die Senioren. Aber worauf wir wohl mehr Wert legen würden, wäre, dass mehr Transparenz bei den Fördergeldern für den Sport herrscht, siehe etwa die WM 2013 in Schladming, die die Steiermark mit 141 Millionen gesponsert hat. Das hat alles ja auch der Rechnungshof eingemahnt.

Schröcksnadel: Das ist alles völlig falsch und gesteuert! Wir werden ja gar nicht geprüft. Denn der ÖSV bringt als privates Unternehmen Weltmeisterschaften nach Österreich, und deswegen machen wir auch die Veranstaltungen. Die Gelder werden aber ausschließlich in die Infrastruktur vor Ort investiert, etwa in Straßen, Seilbahnen, Kongresszentren. Wir kriegen die Gelder nicht! Wir sorgen aber für eine Wertschöpfung von 440 Millionen pro Jahr.

Glawischnig: Aber die Transparenz ist nicht gegeben – und das in Zeiten des Sparkurses, wo jeder Steuerschilling bei Großereignissen dreimal umgedreht werden müsste.

STANDARD: Stichwort Großereignisse: Nachdem Präsident Wladimir Putin die Olympischen Spiele in Sotschi ausgerichtet hat, überfiel Russland quasi die Krim. Sollten derartige Veranstaltungen künftig nicht besser ausnahmslos in gefestigten Demokratien stattfinden?

Glawischnig: Das Schlimmste ist für mich die Fußball-WM, die 2022 in Katar stattfinden soll. Dort werden täglich Tote aus den Baustellen hinausgetragen. Nie im Leben würde ich da als Regierungsmitglied hinfahren. Im Gegenteil: Ich bin für eine Neuvergabe dieser Spiele.

Das Video zum Finale des Politslaloms
derstandard.at/von usslar

Schröcksnadel: Man darf das alles aber nicht an den Athleten auslassen. Der Politiker soll aus Protest fernbleiben, aber es darf nicht um die Sportler gehen, die darauf hintrainieren. Aber noch zu Ihren Vorhalten, dass ich rund um Putins umstrittene Gesetze homophobe Aussagen getätigt hätte: Das Einzige, was ich dazu festgehalten habe, ist, dass mir generell Werbung für Familien lieber ist.

Glawischnig: Verheiratete Schwule und Lesben sind für Sie keine Familien?

Schröcksnadel: Doch. Aber nur in Hetero-Familien entsteht Nachwuchs.

Glawischnig: Damit treffen Sie eine Wertung – und gerade als Präsident des Skiverbandes sollten Sie gegen Diskriminierung auftreten.

Schröcksnadel: Stimmt – und deshalb haben wir auch mitgeholfen, die Hochzeit von unserer Skispringerin Daniela Iraschko-Stolz auszurichten.

STANDARD: Nach der Wiener Wahl steht der Kampf um die Hofburg an. Wann steht bei Ihnen die Entscheidung, ob Ex-Parteichef Alexander Van der Bellen als Kandidat antritt?

Glawischnig: Die Vorbereitungen laufen. Aber wir haben noch Zeit bis zur Entscheidung. Sie könnten da jetzt übrigens etwas gutmachen. Sie haben sich ja einst in Personenkomitees für ÖVP-Kandidaten starkgemacht – wie etwa Benita Ferrero-Waldner.

Schröcksnadel: Den Van der Bellen schätze ich jedenfalls sehr. Aber sehen Sie: Wenn ich so gegen Frauen wäre, hätte ich Ferrero-Waldner doch nie unterstützt. (INTERVIEW: Nina Weißensteiner, 5.9.2015)