Zumindest in der Theorie wollen alte Menschen mit jüngeren zusammenwohnen.

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Wie wollen Menschen im Alter wohnen? Eine Bachelorarbeit am Institut für Immobilienwirtschaft der FH Wien ist dieser Frage im Frühjahr nachgegangen. Dafür wurden Menschen über 55 aus und um Wien befragt. Das überraschend eindeutige Ergebnis: 81,5 Prozent von ihnen wollen im Alter mit jüngeren Generationen zusammen wohnen, ein Großteil in einer Wohnanlage mit verschiedenen Generationen. Mit 33 Prozent weit abgeschlagen: betreute Wohnprojekte nur für Senioren.

Während es im geförderten Bereich in puncto betreubaren Wohnens bereits zahlreiche Angebote gibt, fehlt die Diskussion dazu im freifinanzierten Wohnbau noch, waren sich die Experten bei einer Fachveranstaltung vor kurzem einig.

Multifunktionale Projekte

In der Schweiz oder in Deutschland gebe es diesbezüglich schon Entwicklungen. "Aber in Wien haben wir kein derartiges Projekt gefunden", sagte der Architekt Klaus Duda (Duda Testor Architekten). Bis zu 95 Prozent ihrer Zeit verbringen alte Menschen in ihrer Wohnung. Was Grundrisse und Allgemeinflächen angehe, werde auf die veränderten Bedürfnisse im Alter bei der Planung kaum Rücksicht genommen.

Monofunktionale Strukturen würden im freifinanzierten Bereich wohl nicht funktionieren, meinte Duda. Größere Chancen sieht er in multifunktionalen Projekten. Bei Eigentumswohnungen könne man natürlich nicht bestimmen, wem die Wohnung weiterverkauft wird und wer dann darin wohnt. Daher müssten alle Wohnungen so gestaltet werden, dass jede Generation darin wohnen kann: Dafür seien Barrierefreiheit und Gemeinschaftsräume nötig. Auch die Außenräume müssten entsprechend gestaltet werden, etwa mit Hochbeeten, und die Haustechnik entsprechend mit Nachtlicht und Alarmknöpfen ausgestattet werden. All das würde die Errichtungskosten um etwa fünf Prozent erhöhen, rechnete Duda vor.

Thema wird wichtiger

Zusätzlich könnte es ein "Grundpaket" für alle Bewohner geben. Nach Vorstellung der Experten handelt es sich dabei um eine Anlaufstelle im Haus, die sich um Soziales und Moderation kümmert. Weitere Zusatzleistungen – etwa Pflege, Einkauf, Wäschewaschen – müssten dann extra bezahlt werden, stehen aber allen Bewohnern gleichermaßen offen.

Das "Grundpaket" müsse auch vertraglich festgelegt werden, betonte Manuela Maurer-Kollenz von Müller Partner Rechtsanwälte. Denn die monatlichen Fixkosten müssten dann auch von allen Bewohnern mitgetragen werden – auch neuen Bewohnern, die die Wohnungen später erben oder kaufen. "Die Kunst wird sein, diese Leistungen auch für andere attraktiv zu machen", so Maurer-Kollenz.

"Das Thema ist keines, das nur Pensionisten betrifft", stellte auch Sandra Bauernfeind von EHL Immobilien klar. Immer öfter würden sich auch junge Wohnungskäufer und -mieter dafür interessieren, welche Leistungen sie später dazukaufen könnten, um so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Und vor plötzlichen Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit, etwa durch Krankheit oder Verletzung, sei man ohnehin in keiner Lebensphase gefeit.

Vorteile der Stadt

Klar ist: Was beispielsweise die Auswahl- und Gestaltungsmöglichkeiten der buchbaren Zusatzdienste angeht, gibt es große Unterschiede zwischen Wien und dem Land. Auch dass sich mit dem "Grundpaket" mehrere Häuser zusammentun, um die Kosten zu reduzieren, sei auf dem Land aufgrund der größeren Distanzen nur schwer möglich, so Duda.

Das Gemeinsame birgt "abseits jeder Sozialromantik" auch Konfliktpotenzial, so Bauernfeind: "Bei diversen Objekten hat man gesehen, dass es nicht so gut ist, wenn Wohnungen von Senioren direkt unter Wohnungen von Familien mit Kindern liegen." In solchen Objekten sei viel "gegenseitige Bereitschaft und Nachsicht" nötig: "Aber der Wunsch danach wäre da." (Franziska Zoidl, 19.11.2015)