Der Helmut-Zilk-Park wird gerade bepflanzt. Am linken Bildrand ist das Neubaugebiet Sonnwendviertel Ost zu sehen.

Foto: Putschögl

Bald sollen dort Projekte wie jenes der Grätzelmixer entstehen.

Visualisierung: KABE Architekten ZT KG

Die Häuslbauer in die Stadt zu bringen – das sei das erklärte Ziel, sagt Arnold Brückner über die Grätzelmixer: eine von vier Baugruppen, die östlich des Helmut-Zilk-Parks unweit des Wiener Hauptbahnhofs entstehen werden. Brückner, Architekt bei KABE Architekten und künftiger Bewohner des Projekts, glaubt, dass viele Menschen vom Wohnungsangebot in der Stadt verprellt werden und daher aufs Land hinaus ziehen, was "nicht sinnvoll" sei.

Zwar sind die Pläne für das Gebiet groß, viel zu sehen gibt es aber noch nicht. Vier Grundstücke wurden vergangenen Sommer an Baugruppen vergeben, neben den Grätzelmixern an die Initiativen Gleis 21, bikes & rails und die gemeinnützige loftgmbh. Außerdem ist geförderter und freifinanzierter Wohnbau geplant. Neun Baufelder sind für Quartiershäuser – kleinteilige Projekte mit gemischter Nutzung – vorgesehen.

Keine Förderung

Der Weg zum Haus ist aber noch weit: Im Sommer steht bei den Baugruppen der Grundstückskauf an – zu einem Preis, der schon vergangenen Sommer fixiert wurde. Auf Förderung und einen professionellen Bauträger wird bei den Grätzelmixern verzichtet. "Uns geht es um Eigeninitiative", sagt der künftige Bewohner Bence Pap. "Das ist ein Projekt, das von einer Gruppe von Menschen aus dem Boden gestampft wird." Jeder, der bis Sommer mit an Bord ist, gilt als "großer Bauherr" – das ist ein steuerlicher Vorteil, dafür ein größeres Risiko.

Insgesamt rechnen die Grätzelmixer mit Grundstücks- und Baukosten von zehn bis elf Millionen Euro, durschnittlich maximal 4000 Euro pro Quadratmeter sollen die Wohnungen kosten.

Wie bei allen Baugruppen gilt: Die Entscheidungsfindungsprozesse sind zeitaufwendig. Wer nur eine Wohnung, aber keine Gemeinschaft sucht, ist fehl am Platz: "Das ist ein intensiver Prozess, der jeden fordern wird", sagt Norman Shetler, einer der künftigen Bewohner. Viele der circa 30 Wohnungen mit Flächen von 50 bis 110 Quadratmetern seien bereits vergeben: "Wir sind überrascht vom regen Zuspruch." Die Altersspanne reicht vom Studierenden bis zur 70-jährigen Pensionistin, viele Paare und junge Familien sind an Bord.

Interessenten müssen durch einen mehrstufigen Prozess gehen, am Ende stimmt die Vollversammlung über ihre Aufnahme ab. Die Nachfrage an Baugruppenprojekten ist in Wien laut Robert Temel von der Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen "sehr groß". Problem sei aber das geringe Angebot an Grundstücken für solche Gruppen, "die natürlich am Grundstücksmarkt gegenüber professionellen Akteuren immer das Nachsehen haben, weil sie nicht schnell entscheiden können". Deshalb seien Verfahren speziell für Baugruppen wie im Sonnwendviertel so immens wichtig.

Belebtes Erdgeschoß

Im neuen Grätzel wird besonders viel Wert auf eine Belebung der Erdgeschoßbereiche gelegt. Bei den Grätzelmixern sind ein Café und ein Kindergarten im Erdgeschoß geplant. Und auf 100 Quadratmetern wird es den namensgebenden Grätzelmixer geben, einen Raum, der von Lokal, Kindergarten und den Bewohnern genutzt werden kann, der aber auch vermietet werden soll. Für die Vermietung der Flächen wird ein Trägerverein zuständig sein. "Leben in einer Baugruppe bedeutet, dass man auch später Arbeit ins gemeinsame Wohnen steckt", betont Grätzelmixerin Anna Psenicka.

Auch an die Zukunft will in einer Baugruppe gedacht werden: "Der Verein hat das Vorkaufsrecht auf die Wohnungen", sagt Bence Pap. "Damit niemand die Wohnung zwei Tage nach dem Kauf an einen russischen Oligarchen verkauft." Verhindern ließe sich natürlich nicht, dass die Wohnungen auch vermietet werden. Auch diese Mieter müssten in irgendeiner Form eingebunden werden.

Rechtzeitig zu Schulbeginn 2018 wollen die Grätzelmixer einziehen. Derzeit sind auch bei den anderen Baugruppen noch Wohnungen zu haben. In Konkurrenz zueinander befinde man sich aber nicht. "Eine Konkurrenz wird es erst vor Ort geben", so Pap – nämlich durch einen Wanderpokal bei Fußballturnieren. (Franziska Zoidl, 12.3.2016)