In New York und London machten die Modewochen mit dem "See Now, Buy Now"-Konzept von sich reden. In Mailand, wo der Verkehr in dieser Saison wegen U-Bahn-Arbeiten noch schleppender als sonst vorangeht, bleibt an den ersten beiden Tagen vieles beim Alten
Alles beim Alten bei Gucci
Wer sich von Designer Alessandro Michele einen Richtungswechsel erwartet hat, dürfte von der Kollektion für das kommende Frühjahr enttäuscht sein. Der Designer treibt seinen Mix aus historischen Verweisen, Punk-Elementen, großen Brillen und glitzernden Stickereien auf die Spitze – und mischt diesmal kyrillische Schriftzeichen unter die Entwürfe. Das Setting der Show? Eine plüschige, pink-rote Location, angelehnt an das Anwesen der Punk-Witwe Linda Ramone in Los Angeles, der Alessandro Michele in letzter Zeit Besuche abgestattet hat. Im Publikum saß der zweite Hoffnungsträger der Mode: der Vetements- und Balenciaga-Designer Demna Gvasalia.
Philipp Pleins Abschied von Mailand
Die Shows von Philipp Plein sind mehr als nur Modepräsentationen, sie gleichen Stadionspektakeln, die selbst Präsentationen der sizilianischen Unterhaltungskünstler Dolce & Gabbana wie Musicals aus vergangenen Zeiten aussehen lassen. Und weil Bling-Bling- Spezialist Plein ab der kommenden Saison seine Shows in New York zeigen wird, lässt er noch einmal die Muskeln spielen. Die Show huldigt dem Hip-Hop-Bling-Bling, Popstar Fergie cruist im offenen Wagen durch eine Jahrmarktkulisse, die Models behängt mit goldenen Ketten, mit verspiegelten Aviator-Brillen und in Stonewashed Denim. Konsequenterweise schließt die Show mit Paris Hilton, Trash-Ikone der Nullerjahre – und lässt sie mit den Model-Kolleginnen auf dem Kettenkarussell durch die Luft fliegen.
Hippie-Mode bei Roberto Cavalli
Samtene Glockenhosen, Plateauschuhe, Patchwork-Elemente – die anderen mögen Normcore-Mode machen oder mit subtilen Retro-Verweisen spielen, Peter Dundas steckt mit seiner Kollektion für Roberto Cavalli mit Haut und Haar in den Siebzigern. Anders als bei Gucci, wo Alessandro Michele derzeit ein opulentes Pop-Sampling betreibt, sind bei Dundas keine ironischen Brüche zu entdecken – dieser Designer nimmt das mit dem Hippie-Retro ziemlich ernst.
Fendi rockt das Rokoko
Diese Fendi-Kollektion hätte Sofia Coppola gefallen. Zehn Jahre nach Coppolas poppiger Interpretation der Marie Antoinette setzt ausgerechnet Karl Lagerfeld, mittlerweile 83, noch eins drauf. Er entwirft eine Marie Antoinette, die mal gestreifte Lederhosen mit aufgesetzten Taschen, mal rückwärtig zusammengebundene Schürzen über seidenen Unterhosen oder Jäckchen mit flatterigem Muschelsaum trägt. Das Motto "Süße Sorbettöne statt zu viel Pelz" zahlt sich aus, die Kollektion wirkt leicht. Und dank glitzernder Münder und bunter Haarspangen ziemlich jung.
Prada zeigt Kurzfilm
Gleich der erste Look zeigt, wo es langgeht: Es braucht nicht mehr als einen glatten, androgynen Zwanzigerjahre-Bob, einen schlichten, knielangen Neunzigerjahre-Look in Schwarz, einen bunten Gürtel und ein Paar Gummisandalen. Miuccia Prada mixt Bewährtes diesmal unverkopft mit flauschigen Marabu-Federn: Sie zieren Kitten Heels, Pyjamas und Wickelröcke, knappe, hochgeschnittene Shorts schimmern unter semitransparenten Kleidern, dazwischen mit Kindergürteln zusammengehaltene karierte Blazer. Prints, Prilblumenkleider und Krägen erinnern an die Siebziger, die Handtaschen halten die Models eng an den Körper gepresst. Währenddessen läuft auf hängenden Bildschirmen der surreal anmutende Kurzfilm "Past Forward", eine Zusammenarbeit zwischen Miuccia Prada und dem amerikanischen Regisseur David O. Russell. Die sich wiederholenden Sequenzen widersetzen sich einer konventionellen linearen Erzählung – ganz gemäß dem Geschmack der Miuccia Prada.
Moschino lässt die Puppen tanzen
Man kann die Mode des amerikanischen Designers Jeremy Scott für Moschino für zu schrill, zu schräg oder gar untragbar halten. Langweilig wird es in den Shows des Amerikaners in der Regel nicht. Diesmal lässt er die Models als "Anziehpuppen" über den Laufsteg laufen, deren Outfits mit Trompe-l'oeil-Effekten spielen: Kleidungsstücke wirken wie zweidimensionale, auf den Körpern der Models fixierte Elemente. Darunter Gigi Hadid im aufgemalten Bikini und einige Looks, die sich an den Teddybären-Entwurf, den Gloria von Thurn und Taxis Ende der 1980er in der deutschen Fernsehsendung "Wetten, dass..?" trug, anlehnen. (Anne Feldkamp, 23.9.2016)