Zumindest vorläufig dürften sich die Ceta-Gegner durchsetzen. Die Wallonen wollen die von Brüssel gesetzte Frist ergebnislos verstreichen lassen.

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Brüssel – Belgien wird dem Freihandelsabkommen Ceta vorläufig nicht zustimmen. Nach der Provinz Wallonien hat nun auch die Regionalregierung von Brüssel-Hauptstadt bestätigt, nicht für den Pakt zwischen der EU und Kanada stimmen zu können, berichtete die ARD am Montag.

Ein Sprecher des sozialistischen Ministerpräsidenten der Region Brüssel, Rudi Vervoort, sagte demnach, dieser werde der belgischen Zentralregierung nicht erlauben, das Abkommen zu ratifizieren.

Kein Ja am Montag

Auch der wallonische Parlamentspräsident André Antoine hatte zuvor bekräftigt, dass es an diesem Montag kein Ja geben werde. Dieses hatte die EU von Belgien aber verlangt, um am Donnerstag bei einem EU-Kanada-Gipfel den Vertrag unterzeichnen zu können. Antoine schlug vor: "Eine vernünftige Zielmarke wäre Ende des Jahres. Bis dahin könnten wir es schaffen." Belgiens Premier Charles Michel kann Ceta nur unterschreiben, wenn ihm dafür alle drei belgischen Regionen – Flandern, Wallonie und Brüssel-Hauptstadt – die Erlaubnis geben.

"Minimum an Respekt"

Wallonien wolle ein Abkommen, aber es müsse mit einem Minimum an Respekt verhandelt werden, sagte Antoine. "Es gibt einen riesigen Mischmasch an Texten. Das ist kein seriöses internationales Recht. Zweitens sind Ultimaten und Drohungen nicht Teil der Demokratie", sagte er mit Blick auf die von der EU bis Montagabend gesetzte Frist.

Am frühen Nachmittag fand schließlich noch ein Treffen des belgische Ministerpräsidenten Charles Michel mit den Regionalregierungen statt. Auch das brachte keine Lösung: Es gebe keine Einigung unter den Regionen, die der Zentralregierung eine Unterschrift ermöglichen würde, sagte der flämische Ministerpräsident Geert Bourgeois.

Beratung über Gipfelabsage

Am Abend wollen dann EU-Ratspräsident Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau entscheiden, ob der EU-Kanada-Gipfel am Donnerstag überhaupt stattfinden soll.

Mit Kritik auf die Belgier reagierte Wirtschaftsminister und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Es sei "fast eine absurde Situation", dass regionale Parlamente die gesamte EU aufhalten können. Er plädiere dafür, "die Regularien" neu aufzustellen, damit so etwas in Zukunft nicht mehr möglich sei. Ansonsten verliere die EU "an Reputation", wie Mitterlehner in einer Stellungnahme auf seiner Facebooskseite mitteilte.

Rücktrittsforderung

Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, forderte angesichts der Turbulenzen bereits den Rücktritt von Premier Michel. "Jetzt ist Schluss mit lustig." Karas: "Wenn die Gerüchte stimmen, dass Belgien das Handelsabkommen mit Kanada nicht unterschreibt und weiter die EU in Geiselhaft nimmt, sollte Charles Michel umgehend zurücktreten. Er ist in seiner europäischen Mitverantwortung gescheitert", so Karas in Straßburg.

Der FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky, zollte der Wallonie hingegen "Respekt". Er sieht in einer möglichen CETA-Ablehnung "einen Sieg der Demokratie und der Bürger gegen die Allmacht von Konzernen, Multis sowie der 'EU-Lobby'".

Auch in Österreich hatte Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern die Zustimmung zu Ceta lange offengelassen. Nach rechtlichen Klarstellungen im Rahmen einer Zusatzerklärung entschied sich Kern aber dafür, Ceta nicht zu blockieren. Jene Teile des Paktes, die nicht in alleinige EU-Kompetenz fallen – vor allem die umstrittenen Investitionsgerichte –, können aber erst in Kraft treten, wenn alle Parlament zustimmen. (APA, red, 24.10.2016)