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Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Es ist vollbracht. Endlich ist dieser mit 50 Wochen längste Wahlkampf in der Nachkriegsgeschichte vorbei, das letzte TV-Duell der beiden Kandidaten hat noch einen Tiefpunkt beschert. Es war ein Hauen und Stechen, phasenweise erinnerte die Auseinandersetzung an Schlammcatchen.

Beide Kandidaten überraschten mit aggressiven An- und Untergriffen: Alexander Van der Bellens Berater hatten ihm keinen guten Dienst erwiesen, als sie ihm das Foto seines verstorbenen Vaters und die Taferln mit ins Fernsehstudio gaben. Man kann aus einem Kaunertaler keinen Bärentaler machen. Der stets bedächtig wirkende Wirtschaftsprofessor wirkte zwar munterer als bei anderen Wahlkampfauftritten, aber Van der Bellen ist kein Typ für diese Form des politischen Wrestlings. Das kann Norbert Hofer allemal besser – und setzte das in der Endphase offen ein.

Die Maske, die fiel

Dass auch Hofer in diesem letzten Duell sein Kampflächeln ablegte, erstaunte genauso: Als die Maske fiel, blieb nichts mehr übrig vom bemüht staatsmännischen Auftreten der vergangenen Monate und vom Biedermann aus Pinkafeld, sondern nur die übliche Bierzeltrhetorik. Und dass von Hofer gleich 24-mal der Vorwurf der Lüge kam, zeigt: Der Angreifer versuchte sich als Opfer zu profilieren – auch das ist bekannte blaue Taktik.

Beide Kandidaten haben versucht, sich mit Untergriffen für das Oberhaupt des Staates zu qualifizieren, indem sie sich gegenseitig abqualifizierten. Auch wenn die meisten Attacken von FPÖ-Seite kamen und zum Krypto-Kommunisten auch noch der längst entkräftete Spion-Vorwurf kam: Van der Bellen hat sich auf ein Niveau begeben, auf das er sich noch in seiner Zeit als Grünen-Chef nie hätte bewegen lassen. Zur Motivierung von Unentschlossenen, doch zur Wahl zu gehen, haben der ganze Wahlkampf und erst recht nicht die TV-Auftritte beigetragen. So gab es an diesem Abend keinen Sieger, sondern einen Verlierer: das Amt des Bundespräsidenten. Denn ein Staatsoberhaupt sollte Souveränität ausstrahlen, die haben beide – wenn auch in unterschiedlichem Maße – missen lassen. Auch deshalb ist es gut, dass dieser Wahlkampf endlich vorbei ist.

Polarisierung in Österreich und auf der Weltbühne

Die Polarisierung in diesem Land hat seit der Stichwahl noch weiter zugenommen. Vieles, was zu Beginn des Jahres undenkbar schien, ist eingetreten: auf der Weltbühne, aber auch in Österreich. Es entlädt sich der Protest der Bürger in der Wahlkabine, die politische Mitte erodiert – in Österreich symbolisiert durch das klägliche Scheitern der Kandidaten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die in der Nachkriegsgeschichte immer den Bundespräsidenten gestellt haben und diesmal jeweils auf nur rund elf Prozent der Stimmen kamen. Das von Roten und Schwarzen geprägte Nachkriegssystem in Österreich ist abgewählt worden.

Beim Mediengipfel in Lech analysierte der mit der Weisheit von fast 80 Jahren gesegnete ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg die Gründe: Sozialdemokraten und Konservative hätten seit 40 Jahren keine neuen Ideen mehr. Der Aufstieg der Populisten sei nicht deren großer Sieg, sondern die Niederlage der anderen Parteien.

Das ist, anders ausgedrückt, der Denkzettel, den viele an der Urne abgeben. Schwarzenbergs Mahnung, dass Demokratie und Freiheit nicht selbstverständlich zu nehmen seien, sollte alle bewegen, zur Wahl zu gehen. (Alexandra Föderl-Schmid, 2.12.2016)