Österreich braucht einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Mit Angeboten wie dem Radiosender Ö1 sowie den Nachrichtensendungen und Magazinen im TV wird der ORF nicht nur seinem Auftrag gerecht; diese Angebote gehören zu den qualitativ besten in Europa. Aus ORF 3 könnte man mit mehr Investitionen einen Kanal machen, der dann den Vergleich mit dem deutschen öffentlich-rechtlichen Sender Phoenix nicht scheuen müsste. Aber über die Frage, ob die US-Sitcoms auf ORF 1, die kommerzielle Ausrichtung von Ö3 oder der Spartensender ORF Sport Plus zu dem Auftrag gehören, sollte diskutiert werden – und zwar vor einer Gebührenerhöhung, die für heute, Donnerstag, im ORF-Stiftungsrat vorgesehen ist.

In seiner jetzigen Form ist der ORF eine Zwitteranstalt. Einiges von dem, was ausgestrahlt wird, gehört nicht zum Bildungs- und Informationsauftrag. Manche Filme und Formate laufen nicht zufällig gleichzeitig in deutschen Privatsendern. Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags ist aber die Begründung für die Gebührenfinanzierung. Das heißt im Umkehrschluss, dass der ORF nicht wie ein Privatsender agieren darf und sich auf seinen Auftrag konzentrieren soll.

Dass der ORF nach 2012 wieder eine Gebührenerhöhung beantragt, ist legitim und allein schon mit dem Argument der Inflationsentwicklung begründbar. Genauso legitim ist es zu hinterfragen, ob und wie man diesem Auftrag gerecht wird. Zu Recht haben Stiftungsräte auch gefragt, welche konkreten Sparmaßnahmen in den nächsten Jahren vorgesehen sind. Dieser Frage müssen sich alle Medienunternehmen stellen – auch solche, die nicht einfach an ein Gremium einen Antrag schicken können mit der Erwartung, dass die Forderung ohne Nachfragen erfüllt wird und dann rund 40 Millionen Euro pro Jahr mehr zur Verfügung stehen.

Der ORF hat eine personelle und finanzielle Ausstattung, von der andere Medienunternehmen nur träumen können – und jammert auf hohem Niveau. Jeder, der Einblick in die Produktionsabläufe hat, weiß, wo es Sparpotenzial gibt.

Der ORF darf und macht vieles, was anderen öffentlich-rechtlichen Sender verwehrt ist. Anders als bei ARD und ZDF gibt es kein Werbeverbot nach 20 Uhr. Deutsche öffentlich-rechtliche Sender sind eingeschränkter bei ihrem Onlineangebot. Wegen Produktplacements wird der ORF immer wieder gerügt. Es kommt vor, dass als Voraussetzung für Berichterstattung Produktionskostenzuschüsse verlangt werden. Bei der Frequenzzuteilung ist der ORF gegenüber der privaten Konkurrenz begünstigt.

Die Forderung der Neos nach Abschaffung der Gebühren und ihre stümperhaft gemachte Petition gisabdrehen.at sind aber genauso populistisch wie der Vorschlag von Konkurrenten, den ORF zu zerschlagen. Wenn die Politik jedes Jahr über die Finanzierung des ORF entscheiden muss, dann bedeutet das noch mehr Einfluss für die Parteien, als diese ohnehin schon ausüben.

Der ORF versucht aber auch umgekehrt die Politik einzubinden, etwa durch das nicht zufällig vor der Gebührenentscheidung angesetzte "Bürgerforum", das in der Form wohl kontraproduktiv war. Dass Moderator Armin Wolf auf Twitter mit Schlägen unter die Gürtellinie gegen ORF-Kritiker als oberster Gebührenhochtreiber seines Arbeitgebers auftritt, erweist der Sache einen schlechten Dienst. (Alexandra Föderl-Schmid, 14.12.2016)