Martin Suter, "Elefant". € 24,70 / 352 Seiten. Diogenes Zürich, 2017

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"Einen kenne ich, der macht Käsereklame, und siehe da, wirklich, an seinen Wörtern konnte man sich delektieren, man bekam nicht nur Lust auf Emmentaler, sondern auch auf weitere Kostproben seiner Sprache, wenn er sich, außer von Käse, noch von anderen Objekten inspirieren ließe", sagte der Schweizer Autor und Historiker Niklaus Meienberg (1940-1993) 1988 über den damals als Werber und Business Class-Kolumnist bekannten Martin Suter.

Der zu Unrecht fast vergessene Meienberg, der sich als Schreiber unbequemer Reportagen über die Vergangenheit und Gegenwart der Schweiz viele Feinde machte, sollte nicht irren. Mehr als eine Million Mal hat sich Martin Suters Debütroman Small World, den der damals 49-jährige Autor schließlich 1997 vorlegte, verkauft. 13 weitere, oft verfilmte Romane hat Suter seither geschrieben, die ihn zum auflagenstärksten Autor der Schweiz machten – und ihm in den Feuilletons den Ruf einbrachten, er fabriziere Fließband-Unterhaltungsliteratur. Was ihn wenig stört, "Kritiker kritisieren, ich schreibe – ich würde nicht tauschen wollen", meinte der 68-Jährige unlängst in einem Interview.

Schnelle Romane

Seinem Rezept, schnelle Romane mit gut geschmierten Plots zu schreiben, die gesellschaftliche Themen wie Alzheimer (Small World), Waffenschiebereien (Der Koch, 2010) oder kriminelle Machenschaften der Finanzindustrie (Montecristo, 2015) aufnehmen, ist Suter auch in seinem neuen Roman Elefant treu geblieben.

Das Buch spielt in Zürich, und wie in Montecristo wird das Rad der Handlung durch etwas angestoßen, das es gar nicht geben dürfte. Waren es in Montecristo zwei Hundertfrankenscheine mit der exakt gleichen Nummer, ist es im neuen Roman ein lebender, allerdings nur ca. 30 Zentimeter hoher rosa Elefant, der im Dunkeln leuchtet. Entstanden ist das Geschöpf durch Gentechnologie, seine Kleinheit aber scheint er einer Laune der Natur zu verdanken.

Hochinteressantes Elefäntchen

In 100 Kurzkapiteln erzählt Suter gekonnt auf verschiedensten Zeit- und Ortsebenen die Geschichte des kleinen Wesens, das die Begehrlichkeiten verschiedener Menschen weckt. Da sind zum Beispiel der obdachlose Schoch, der zum Elefanten kommt wie die Jungfrau zum Kind, sowie die Tierärztin Valerie und der burmesische Elefantenflüsterer Kaung. Natürlich gibt es in Form eines gewissen Roux und seiner chinesischen Partner auch die Bösen, die versuchen, an die DNA des ökonomisch hochinteressanten Elefäntchens heranzukommen. Das Ganze endet in einem etwas überstürzt herbeigeführten Showdown.

Auf Plausibilität oder Realismus legt es Suter in Elefant nur bedingt an, vielmehr erzählt er eine märchenhafte Abenteuergeschichte, in der es für ein Mal weniger um das Aufdecken oder ein "whodunnit" geht, sondern um das Bewahren eines Geschöpfs, das manche für einen Zufall, andere aber für ein Wunder halten. (Stefan Gmünder, Album, 4.2.2017)