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Als Symbol gegen EU-Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA wanderte ein trojanisches Pferd seit Jahren durch Europa. Vor dem Parlament in Straßburg war Mittwoch Endstation. Auf EU-Ebene ist Ceta nun abgeschlossen, tritt provisorisch in Kraft.

Foto: Reuters / Vincent Kessler

Die Emotionen bezüglich des Freihandels- und Investitionsabkommens zwischen der EU und Kanada (Ceta) gingen am Mittwoch in Straßburg schon in aller Früh los. Noch bevor die EU-Abgeordneten zu Debatte und Abstimmung darüber an ihren Arbeitsplatz gekommen waren, hatten sich bereits einige Hundert Demonstranten vor dem Europaparlament positioniert.

Polizei- und Militäreinheiten sicherten die Einfahrt, nur eine schmale Gasse wurde für die Politiker, deren Mitarbeiter und die Presse freigehalten. Diese wurde von den Globalisierungsgegnern blockiert. "TTIP et Ceta, no pasaran!", riefen sie, als ginge es um den spanischen Bürgerkrieg: "Stop it now!" – die Abkommen würden "nicht durchkommen".

Alles lief friedlich ab, es gab keinerlei Gewalt, lediglich eine Verspätung im Zeitablauf. Da viele Abgeordnete es nicht rechtzeitig in den Plenarsaal schafften, musste Parlamentspräsident Antonio Tajani verspätet starten.

Jeder könne hier seinen Standpunkt vertreten, "wir sind ein offenes Haus", musste Tajani schon nach wenigen Minuten an die Deputierten appellieren. Denn kaum hatte sich der erste Berichterstatter aus den Ausschüssen für die Annahme des Abkommens ausgesprochen, ging es mit Zwischenrufen, Plädoyers und Gegenpositionen heftig los. Fast drei Stunden dauerte die Redeschlacht. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström rief die Vorteile dieses "modernsten Handelsabkommens der Geschichte" in Erinnerung.

Die Opposition von Linksfraktion und Grünen betonte die Mängel, die ihrer Ansicht nach bestünden, von unzulässigen Eingriffen in Umwelt oder Sozialgesetzgebung bis hin zu demokratiepolitischen Bedenken etwa wegen der Schiedsgerichte zum Investorenschutz, die jetzt von einem Richterkollegium ersetzt wird.

Zum Teil ging es hoch her. Der Fraktionschef der Christdemokraten (EVP), Manfred Weber, warf den Sozialdemokraten Unverlässlichkeit vor, weil ein Teil der Fraktion mit Nein stimmen wollte. Deren Anführer Gianni Pitella ("Wir sind hier nicht in einer Kaserne!") wies dies umgehend zurück.

Eine EU-skeptische Abgeordnete sprach gar von einem "Staatsstreich" durch Ceta, was wiederum Malmström demonstrativ zurückwies. Auch nach drei Stunden Debatte ließ die Spannung kaum nach. Umso rascher ging dann die Abstimmung über die Bühne: 408 Abgeordnete stimmten für Ceta (EVP, Liberale, Konservative, zwei Drittel der S&D-Fraktion), 258 dagegen (Grüne, Linke, ein Drittel der S&D, Rechtsfraktionen und EU-Skeptiker), bei 33 Enthaltungen.

Damit wird das Abkommen vermutlich in zwei Wochen gelten. Allerdings nur in jenen Teilen, die eindeutig in EU-Kompetenz fallen. Die umstrittenen Reste des Pakts wie der Investitionsschutz müssen noch durch die Ratifizierung durch die nationalen und regionalen Parlamente. Das dürfte Jahre in Anspruch nehmen. So lange wird Ceta provisorisch gelten, werden Zölle und Handelshemmnisse aufgehoben. Kanadas Premier Justin Trudeau hat die Zustimmung des EU-Parlaments als "aufregenden Meilenstein" begrüßt. Donnerstag kommt er nach Straßburg und hält dort eine Rede über die Beziehungen zur EU. (Thomas Mayer aus Straßburg, 16.2.2017)