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Tinder: Für viele eine Dating-App, für manche andere ein
Fotoschatz.

Foto: Reuters

Viele Menschen suchen auf Tinder nach Zwei- oder Mehrsamkeit. Vom kurzen Abenteuer über einfache Freundschaften bis zur großen Liebe reichen die Wünsche, deren Erfüllung sich die Nutzer von der App erhoffen.

Einen ganz anderen Blick auf die Plattform hat der Entwickler Stuart Colianni. Er sieht Tinder als ideale Datenquelle für Bildmaterial, um intelligente Algorithmen zu verbessern. Mit einem Skript hat er 40.000 Fotos von Nutzern heruntergeladen und veröffentlicht.

Tinder als "unlimitierter" Fotoschatz

Laut seiner Beschreibung ist Tinder ein "nahezu unlimitiertes" Angebot, um Datensätze für das Training von Gesichtserkennungssoftware zu erstellen. Auch die von ihm gespeicherten Aufnahmen sollten zum Training solcher Programme dienen. Die Datingplattform sei vor allem deswegen ideal, weil die Fotos dort in höherer Auflösung zur Verfügung stünden, als bei gängigen Datensätzen.

Um an die Bilder heranzukommen nutzt das Skript eine vom Nutzer einzutragende Facebook-ID nebst Tinder-Account, mit deren Hilfe die Programmierschnittstellen der Plattform angezapft werden. Daher ist für die Verkuppelungs-Plattform nicht ohne weiteres erkennbar, dass der Zugriff nicht über die offizielle App erfolgt. Freilich ist nicht auszuschließen, dass zum Zwecke der Datensammlung eigene Fakeaccounts angelegt werden.

Problematisches Vorgehen

Die Angelegenheit ist aus Datenschutz-Perspektive problematisch. Denn Tinder-Profile sind nicht öffentlich zugänglich, sondern nur für andere Mitglieder sichtbar, sofern man deren Filter-Kriterien (Geschlechtspräferenz, Alter, geographische Nähe) erfüllt. Eine Ausnahme bilden Profile, deren Besitzer einen Web-Link generieren lassen, den sie anschließend teilen können. Über die Bilder ist eine Identifizierung der Nutzer potenziell möglich, etwa durch den Einsatz einer Bildersuchmaschine wie Google Images, mit welcher sich das gleiche Bild auf anderen Plattformen finden lässt.

Colianni hat die Fotos zudem unter der "Creative Commons Zero"-Lizenz auf der Maschinenlern-Plattform Kaggle veröffentlicht. Laut dieser Deklaration dürfen sie von jedem beliebig und ohne Kennzeichnung genutzt werden. Das wirft urheberrechtliche Fragen auf, da das Copyright der Profilbilder üblicherweise bei den Nutzern selbst liegt.

Tinder lässt Datensatz entfernen

Wie viele Nutzer in seinem Datensatz abgebildet sind, ist unklar, da viele User mehrere Fotos auf ihr Profil stellen. Laut Colianni handelt es sich um Tinder-Nutzer aus der Bay Area, also aus San Francisco und anderen Orten entlang der Bucht. 50 Prozent der Fotos sollen Männer, 50 Prozent Frauen zeigen.

Bei Tinder hat man sich noch nicht offiziell geäußert. Man dürfte allerdings ganz und gar nicht von Coliannis Vorgehen begeistert sein. Auf Ersuchen der Datingplattform wurden die Datensätze bei Kaggle mittlerweile entfernt. (gpi, 02.05.2017)