Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider verlässt die Grünen.

Foto: Grüne Innsbruck

Innsbruck – Wenn einmal der Wurm drinnen ist, so formuliert es ein Grüner und seufzt, dann "beißt sich der durch alle Schichten". Er bezieht sich dabei auf die jüngsten Querelen in der Ökopartei: Denn zwei Tage vor der Wahl am Sonntag in Tirols Landeshauptstadt – einem Terrain, wo die Grünen um Platz eins rittern – hat nun die bisherige grüne Vizebürgermeisterin ihren Parteiaustritt bekanntgegeben.

"Bye, bye, greens", beginnt Sonja Pitscheider ihre Erklärung auf Facebook. Dann rechnet sie mit Georg Willi ab, ihrem Nachfolger als Innsbrucker Listenersten.

Letzter Auslöser für ihren Abgang war für die 48-Jährige offenbar ein Interview, das Willi dem STANDARD gab: "So hart das klingen mag, aber die Frage, ob ich mir das Dach überm Kopf leisten kann, beschäftigt die Leute ganz einfach mehr als die Frage nach dem Binnen-I oder der Ehe für alle", sagt er da unter anderem. Pitscheider hält das für "rechten Sprachgebrauch à la FPÖ".

"Ausgrenzung, Lächerlichmachen"

Mit grünen Grundwerten hätten solche Ansagen "rein gar nichts zu tun". Und weiter: "Rechte Sprache arbeitet mit Ausgrenzung, Ausspielen und Lächerlichmachen von Anliegen, die nicht ins eigene Weltbild passen. Eine Wohnung gegen feministische Forderungen und gegen Forderungen der homosexuellen Community zu stellen vertieft die Gräben und ist weit entfernt von einer solidarischen Gesellschaft." Dass ein grüner Kandidat solche Worte verwende, lasse sie "erschaudern".

Ende Mai vergangenen Jahres war Pitscheider Willi bei einer Abstimmung der Basis klar unterlegen, er hatte damals 74 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten. Die Vizebürgermeisterin war deshalb nicht mehr auf der grünen Liste für die Innsbruck-Wahl vertreten und hatte ihren Abschied aus der Politik bereits zuvor angekündigt.

"Missverständliche Aussage"

Willi teilte am Freitag in einer Stellungnahme mit, dass er Pittscheiders Parteiaustritt "zur Kenntnis" nehme und bedaure, dass seine "missverständliche Aussage" der Anlass war. Das Eintreten gegen Diskriminierung sei für ihn und die Grünen ein "zentrales Anliegen, genauso wie der Kampf für leistbares Wohnen oder soziale Sicherheit", erklärte er.

Rückendeckung bekommt Pitscheider von Innsbrucks amtierender Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer der Liste Für Innsbruck: Die Begründung von Pitscheiders Abgangs sei "nachvollziehbar". Willi versuche, im Wahlkampf "jede Klientel" zu bedienen. Das sei "auf Dauer nicht erfolgreich". (Katharina Mittelstaedt, 20.4.2018)