Bahnhof? Nein, Mathe-Matura.

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Die Mathematik-Matura soll überdacht werden, weil die Ergebnisse in diesem Jahrgang besonders schlecht waren. "Zu viele Texträtsel", sagen die Elternvertreter. "Vielleicht zu ausführliche Textaufgaben", sagt auch der zuständige Bildungsminister. Also sollen die Angaben für die Zentralmatura überdacht werden, kürzere Angaben, weniger Verwirrung — und schon sinkt die Zahl der Nicht genügend von mehr als 18 wieder auf knapp elf Prozent. Alles wieder gut, oder?

Die ersten bundesweiten Ergebnisse der schriftlichen Mathe-Zentralmatura liegen vor. 18 Prozent der Maturanten sollen ein "Nicht Genügend" haben. Besonders schlecht ist die Matura an den Handelsakademien ausgefallen.
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Selbst wenn die Statistiken dann wieder stimmen sollten: Nichts wäre dadurch besser geworden. Einer von zehn Maturanten in Österreich scheitert dann doch wieder, zumindest im ersten Anlauf, an Mathematik und kann seine Schullaufbahn nicht abschließen.

Auswendig lernen

Da ist noch gar nicht berücksichtigt, wie viele Schülerinnen und Schüler schon auf dem Weg zur Matura mathematisch steckenbleiben. Seit Jahrzehnten träumen Generationen von Ex-Schülern immer wieder denselben Albtraum von nicht lösbaren, völlig unverständlichen Mathe-Aufgaben. Darüber sollten sich Österreichs Bildungspolitiker einmal ein paar tiefere Gedanken machen.

An viel zu vielen Schulen in viel zu vielen Fällen wird der Stoff den Schülerinnen und Schülern auf eine Weise vermittelt, die eher nicht das Verständnis, sondern mehr die Gedächtnisleistung fördert. Es wird mehr auswendig gelernt als logisch abgeleitet. Das liegt zu einem Gutteil nicht daran, dass es den Schülern egal wäre oder die Lehrer aufgegeben hätten — oder umgekehrt.

Wie vermitteln?

Es liegt vielmehr daran, dass sich beide Seiten gar nicht verständigen können — weil es einfach an pädagogischen Kenntnissen fehlt. Wie man Lehrstoff so vermittelt, dass er Interesse weckt — und dadurch auch "hängenbleibt" –, wird den Lehrern selbst in ihrer Ausbildung viel zu wenig beigebracht.

Wer das Lehren trotzdem gut beherrscht, ist entweder ein Naturtalent oder hat sich das selbst auf die harte Tour — learning by doing — alleine erarbeitet. Jedenfalls überlässt es der Staat mehr oder weniger dem Zufall, ob er den Kindern gute oder schlechte Lehrer vorsetzt. Bei Mathematik, einem Gegenstand, der sich nicht jedem kindlichen (und auch nicht jedem erwachsenen) Gehirn sofort erschließt, wäre es umso wichtiger, dass Lehrer Ideen und Werkzeuge in die Hand bekommen, welche die Stoffvermittlung leichter machen.

Geringer Stellenwert der Pädagogik

Der Erwerb pädagogischer Fähigkeiten hat aber in der Lehrerausbildung immer noch einen viel zu geringen Stellenwert. Das ist bei jenen, die an den Pädagogischen Akademien zu Volks- oder Mittelschullehrern ausgebildet werden, noch ein wenig besser — für die AHS und BHS schaut es freilich genauso düster aus wie vor 30 Jahren. Bei künftigem Lehrpersonal, das an den Universitäten studiert, wird zwar die fachliche Kompetenz geschult — Pädagogik ist aber bei weitem nicht so wichtig.

Das führt dazu, dass Lehrer für die Herausforderungen, die ihnen dann im Schulalltag begegnen, kaum gerüstet sind, dies führt wiederum zu Überforderung und Frustration bei Lehrern und Schülern. Darüber sollte man im Bildungsministerium auch einmal nachdenken, wenn man über schlechten Mathe-Ergebnissen brütet. (Petra Stuiber, 28.5.2018)