"Es gab Meetings, in denen uns Vorgesetzte versprachen, dass sie es begrüßen würden, wenn wir die hässlichen, schädigenden Dinge aufzeigen und beim Namen nennen würden."

Foto: Guild Wars 2 / ArenaNet

Nach der Entlassung einer Mitarbeiterin und eines Mitarbeiters aufgrund entgleister Twitter-Diskussionen mit Fans sieht sich Spielhersteller ArenaNet mit Kritik konfrontiert. Branchenvertreter stellen den Umgang des Unternehmens mit von außen geäußerten Beschwerden in Frage und fordern künftig klare Richtlinien, um die von vielen Studios erwünschte Kommunikation mit Kunden über soziale Medien, sicher und produktiv zu gestalten.

Jessica Price, eine der beiden gekündigten MitarbeiterInnen und ehemalige Story-Designerin des MMOs Guild Wars 2 zeigt sich in einem aktuellen Interview vor allem enttäuscht über die interne Vorgehensweise ihrer Vorgesetzten. "Man gab mir keine Möglichkeit, meine Sicht der Dinge darzustellen. Die ganze Angelegenheit war höchst unprofessionell", heißt es gegenüber der Seite Polygon. Von Fans des Herstellers musste sich Price allerdings bereits ähnliche Vorwürfe gefallen lassen. In einer Diskussion mit anderen Twitter-Usern über das Erzähldesign von Guild Wars 2 hielt die Entwicklerin sich nicht mit verbalen Angriffen zurück und bezichtigte unter anderem einen Streamer, aus sexistischen Gründen Kritik zu üben – was dieser klar von sich wies.

"Er hatte die Macht, eine Frau vor sich zu zitieren und seine Gefühle an ihr auszulassen"

Anstelle Prices Sichtweise anzuhören, habe ArenaNet-Präsident Mike O’Brien ihr, in einem Meeting mit einem weiteren Manager und einer Person der Personalabteilung, einen Vortrag darüber gegeben, wie Mitarbeiter mit Kunden umzugehen hätten und dabei sichtlich seinen Zorn an ihr ausgelassen. "Er hatte die Macht, eine Frau vor sich zu zitieren und seine Gefühle an ihr auszulassen, also tat er das. O'Brien bestand darauf, dass Entwickler mit den Kunden des Unternehmens befreundet sein müssen und es inakzeptabel sei zu sagen, dass es nicht so ist, selbst wenn wir uns außerhalb der Arbeitszeiten befinden würden. Er sagte mir, dass ich das rückblickend bereuen würde, da wir tolle Arbeit geleistet hätten und ich es zerstört habe", erzählt Price. "Dann ging (der Manager) raus, holte meine Sachen von meinem Schreibtisch und die HR-Person bat mich um meine Schlüsselkarte."

Ein Gegenpol zur Ausnutzung und der Toxizität

Der Umgangston hätte Price auch deshalb kalt erwischt, da das Unternehmen zuvor keine Probleme mit ihrer offenen Art, über Social Media zu kommunizieren und kritische Themen zu debattieren, geäußert hatte. Im Gegenteil: bei ihrem Einstellungsinterview hätte man Price gesagt, dass man ihren Willen, sich gegen Missstände in der Industrie einzusetzen, respektieren und auch, dass man nicht vorhabe, sie in ihrer Ausdrucksweise zu beschränken.

"Es gab Meetings, in denen uns Vorgesetzte versprachen, dass sie es begrüßen würden, wenn wir die hässlichen, schädigenden Dinge aufzeigen und beim Namen nennen würden, und wir dafür nicht bestraft würden", sagt Price. "Es gab laufend Gespräche darüber, wie wir diesen Arbeitsplatz zu unserem Traumarbeitsplatz machen können. Nicht nur wegen den coolen Games, die wir entwickelten, sondern auch, weil es ein Gegenpol zu der Ausnutzung und der Toxizität werden sollte, die in der Branche so weit verbreitet sind. Daher war es so erschütternd, dass ein Unternehmen, dass darauf so viel Wert zu legen schien, beim ersten Test dieser Werte zusammenklappte wie ein billiger Kartentisch." (zw, 12.7.2018)