Harald Mahrer steht nicht für den neuen Stil.

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Der schwarz-blaue Postenschacher rund um die Positionen in der Nationalbank und die Packelei um den EU-Kommissar waren ungustiös. Neuer Stil? Mut? Fehlanzeige. Es geht um Posten und Positionen, das Aufteilen der Jobs, das Zementieren der Macht in allen Ecken der Republik. Alter Stil in neuen Facetten.

Multifunktionär Mahrer

Harald Mahrer wird also für seine Loyalität mit dem Amt des Nationalbankpräsidenten belohnt. Der selbsternannte "Reformer" ist damit in Rekordzeit Multifunktionär des Systems geworden, das er zuvor laut kritisiert hat. Es scheint einen neuen Weg zu geben, im alten System Karriere zu machen: Für Mahrer – wie auch für Othmar Karas, der als designierter EU-Kommissar ruhiggestellt werden soll – hat sich Kritik ausgezahlt. Kalkül statt Überzeugung – die Haltung der Opportunisten.

Für Österreich bedeutet das den ersten Schritt in Richtung Entdemokratisierung. Mit einer Person in sechs nicht unwesentlichen Positionen arbeitet es sich leichter als mit sechs Personen. Es ist ein Schritt hin zu einem Oligarchendenken: wenige vertrauensvolle Personen in möglichst vielen wichtigen Jobs. Ein Warnsignal.

Traurig ist nur, dass dabei die Debatte über die Herausforderungen für die Führungsriege der Nationalbank rund um den zukünftigen Gouverneur Holzmann zu kurz kommt. Ihm eilt ein guter fachlicher Ruf voraus, wir werden ihn an seinen Taten messen. Er muss sich tatkräftig und schnell für einen Kurswechsel bei der EZB einsetzen. Denn nicht zuletzt deren Niedrigzinspolitik hat zu einem Match zwischen Bürger und Staat geführt, das der Staat bisher für sich entschieden hat. Sparende Bürger werden durch die niedrigen Zinsen kalt enteignet. Die Staaten hingegen frisieren dank der Zinsen ihre Budgets und sparen sich mühsame Reformen. Die Bürger zahlen den Spaß.

Geldentwertung

Wer Geld am Sparbuch hat, kann seiner Entwertung bald mit bloßem Auge zuschauen. Auf der Strecke bleibt der Mittelstand: Wenn man sich schon ein bisschen Geld zur Seite legen kann, wird es immer schwieriger, sich etwas aufzubauen – nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Immobilienpreise sowie der hohen Inflationsraten. Durch diese doppelte Entwertung ist das Schaffen von Eigentum, für die persönliche Absicherung so wichtig, in immer weitere Ferne gerückt.

Gleichzeitig sind niedrige Zinsen, eine steigende Inflationsrate und erste Überhitzungstendenzen ein giftiger Cocktail, der die Konjunktur rasch wieder kippen lassen kann. Passiert das, hat Österreich ein Problem: Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und Niedrigzinsen kratzt die Regierung gerade einmal am ausgeglichenen Budget. Für Reformen – gerade im Pensionsbereich – sieht sie keinen Bedarf.

Das Wählervolk bei Laune halten

Stattdessen werden Zuckerln verteilt, um das – immer älter werdende – Wählervolk bei Laune zu halten, wie die jüngste Pensionserhöhung gezeigt hat. Natürlich gönne ich jedem Mindestpensionisten jeden Euro. Aber ich erwarte mir von der Bundesregierung, dass sie ehrlich ist und sich an die gesetzlichen Vorgaben hält. Wir haben uns selbst Regeln gegeben, wann und in welchem Ausmaß Pensionen zu erhöhen sind, nur werden diese verlässlich von jeder Regierung gebrochen.

Eine Reform ist nötig

Es braucht einen Kurswechsel. Und das geht nur über eine gesamthafte Pensionsreform. Eine Reform, durch die der Begriff "Generationenvertrag" wieder mit Leben erfüllt wird. Durch die nicht nur die bestehenden Pensionen – angemessen – erhöht werden, sondern auch zukünftige Pensionisten auf ein funktionierendes System vertrauen. Eine Pensionsreform, durch die die Staatsfinanzen gesunden und dann auch eine echte steuerliche Entlastung aller Bürger möglich wird.

Dann – und nur dann – verwandelt sich das Match Staat gegen Bürger in einen Paarlauf, mit Gewinnern auf beiden Seiten. Wie es weitergeht, wird auch von der Arbeit des österreichischen Gouverneurs in der EZB abhängen. Er möge sich bitte auf die Seite der Bürger stellen. (Beate Meinl-Reisinger, 24.8.2018)