Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Manchmal kann man sich Stil eben doch kaufen, denke ich mir, als ich von der Josefstädter Straße in eine Nebenfahrbahn mit Kopfsteinpflaster einbiege. Ich sitze im Renault CAPTUR und befinde mich auf dem Weg zu einem Filmdreh. Der französische Kompakt-SUV mit dem ausdrucksstarken Design – ich fahre ein Modell in Orange-Schwarz – und dem modernen Interieur wird heute zum Filmstar eines besonderen Projekts: "Passion for Film by Renault". Der Drehort liegt in der Astoria Parkgarage im achten Bezirk. Das Parkhaus diente bereits häufig als Schauplatz für bekannte Kino- und Fernsehfilme.

Schon von Weitem sehe ich eine Mitarbeiterin des Produktionsteams, sie lotst mich in einer kurzen Drehpause in das Parkhaus. Ich fahre langsam in das alte Gebäude und fühle mich schlagartig in die Vergangenheit versetzt: Die 1918 erbaute und einst größte Garage Europas empfängt mich mit ihrem rundum nostalgischen Charme. Über dem Tankplatz mit den alten Säulen im Erdgeschoß, wo Kamerafrau und Regisseurin gerade mit einer Schauspielerin sprechen, befindet sich eine imposante Glaskuppel. Die Hochgarage wird vom Einfall des Lichts, selbst an einem herbstlich-trüben Vormittag wie heute, durchflutet. Ich fahre über die gewendelte Rampenauffahrt bis zur zweiten Ebene, wo ich parke. Hier muss der CAPTUR noch etwas warten, bis er später seinen Auftritt hat.

Vor und hinter der Kamera des Films arbeiten ausschließlich Frauen.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Gewusel von weiblichen Geschöpfen

Als ich auf das Filmteam zugehe, fällt mir eines auf: Ich sehe eine Schauspielerin im grünen Overall – sie mimt eine Tankwärtin –, eine Kamerafrau steht für die nächste Aufnahme bereit, die Regisseurin gibt letzte Anweisungen, eine Setfotografin positioniert sich, die Maskenbildnerin kommt angelaufen. Was ich nicht sehe: Männer. Und genau das ist das Besondere am Filmprojekt "Passion for Film", wie ich kurz darauf erfahre: Vor und hinter der Kamera des Films, der im Zeitraum der diesjährigen Viennale zu sehen sein wird, arbeiten ausschließlich Frauen. Auch die Viennale selbst steht seit Jänner 2018 mit Eva Sangiorgi erstmals unter weiblicher Führung – ein wichtiger Schritt in der Entwicklung und ein Zeichen, dass Frauen in der männlich dominierten Filmbranche immer mehr Anerkennung erhalten.

Regisseurin Marie Alice Brandner Wolfszahn (rechts) bei der Besprechung der nächsten Szene.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Bevor die Kamera gleich wieder läuft, habe ich Gelegenheit, Marie Alice Brandner Wolfszahn, die Regisseurin des Films, zu fragen, ob es einen Unterschied macht, wenn das Filmteam rein weiblich ist. "Sieh dir das emsige Gewusel von weiblichen Geschöpfen an! Das ist eine einzigartige Atmosphäre. Fröhlich und entspannt, wie ich es selten erlebt habe. Natürlich gibt es klare Hierarchien im Film, sonst würde es nicht funktionieren, aber das Schöne bei diesem Dreh ist, dass niemand das Bedürfnis hat, seinen Rang deklarieren zu müssen – weder im scharfen noch im humoristischen Sinne. Wir begegnen uns respektvoll und auf Augenhöhe. Das war vielen von uns in dieser ,flächendeckenden‘ Form nicht bekannt." Marie muss gleich zurück zum Set, schnell frage ich sie noch, ob ein reines Frauenteam auch besondere Herausforderungen mit sich bringt. "Ja! Ich arbeite viel mit Männern zusammen und habe bis dato selten darüber nachgedacht. Aber als die Aufgabe für ,Passion for Film‘ darin bestand, eine Women-only-Crew aufzustellen, war das eine echte Herausforderung. Es gibt unglaublich talentierte Frauen im Film, aber in gewissen Departments – Stichwort ,Stedicam Operatorin‘ – sind sie rar gestreut."

Können steht an erster Stelle

Die Kamera geht an, alle rundherum sind still. Die Tankwärtin im grünen Overall steht vor der Retro-Tanksäule und beginnt, ein Gedicht im Rap-Stil zu sprechen. Manchmal sieht sie dabei direkt in die Kamera, dann wieder bewegt sie sich und wendet ihren Blick ab. Es ist Dafina Sylejmani, bildende Künstlerin, Rapperin, Produzentin und Gründerin einer rein weiblichen Hip-Hop-Bewegung. Heute ist sie Schauspielerin und eines der Nachwuchstalente, die an der Ausschreibung für das Kurzfilmprojekt teilgenommen haben. Etwas später erzählt sie mir, dass sie es liebt, mit Frauen zu arbeiten. "An diesem Projekt gefällt mir besonders, dass so viele unterschiedliche Typen von Frauen gezeigt werden. Das findet man im kommerziellen Bereich eher selten. Und dennoch steht auch hier das Können an erster Stelle. Daneben tauschen wir uns aus, wir vernetzen uns – die Energie ist so positiv."

Dafina Sylejmani spielt im Film eine Tankwärtin.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Bewerbungsflut macht Talente sichtbar

Knapp 400 Frauen haben sich in einem Zeitraum von nur zwei Wochen beworben, unter den Bewerberinnen befanden sich aus dem Fernsehen bekannte Schauspielerinnen, Schülerinnen und erfolgreiche Kreative aus vielen unterschiedlichen Sparten. "Die Flut an beeindruckenden Bewerbungen hat uns überwältigt", erzählt mir Suzana Knezevic von der Agentur Virtue und Creative Lead des Films in einer kurzen Drehpause. "Die Bewerbungen haben genau das wiedergegeben, was Frauen sind: vielseitig, kreativ, talentiert, mutig, neugierig und in allen Bereichen tätig."

Kamerafrau Marie-Thérèse Zumtobel im Einsatz.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Dass das Talent von Frauen gerade in der Filmbranche oft übersehen wird, weiß Suzana nur zu gut: "In den letzten fünf Jahren wurde nur jeder fünfte Film in Österreich von einer Regisseurin umgesetzt – und das obwohl fast die Hälfte der Absolventen an der Filmakademie weiblich ist. Dabei merkt man meiner Meinung nach einem Film an, ob Frauen mitgearbeitet haben, denn unterschiedliche Perspektiven ergeben einfach ein tiefergehendes und mehrdimensionales Produkt." Ich möchte von Suzana gern wissen, was das Besondere für sie am Projekt "Passion for Film" ist. "Es ist ein klarer Gegenbeweis zu gängigen Ausreden à la ,Ich würde ja Frauen buchen, wenn es sie gäbe‘. Es gibt sie, hier sind sie! Sie können anpacken, sie können organisieren, sie sind stressresistent, sie sind begabt – und sie wollen gebucht werden. Für die Teilnehmerinnen war das Projekt eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen und an einer Female-Freunderlwirtschaft zu basteln. Beim nächsten Job kann man so schon an die eine oder andere denken."

Nichts hindert am eigenen Weg

Katrin Neudolt ist eine der besten Badminton-Spielerinnen unserer Zeit – und gehörlos.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Dafina lehnt jetzt lässig an einer Tanksäule, gleich geht die Kamera wieder an und sie setzt ihren Poetry Slam fort. In einem verglasten Raum hinter dem Set bereitet sich bereits das nächste gecastete Talent vor. Es ist Katrin Neudolt, sie ist eine der besten Badminton-Spielerinnen unserer Zeit – und gehörlos. Nicht zu hören, das hat die Athletin allerdings nie als Hindernis verstanden, ganz im Gegenteil: Katrin hat an der Erfüllung ihrer Lebensträume festgehalten. Sie spielt sowohl bei den nicht-behinderten als auch bei den gehörlosen Wettkämpfen, wurde 2015 Vize-Weltmeisterin und 2018 Europameisterin. Auch bei den Weltmeisterschaften 2019 und bei den Deaflympics 2021 möchte sie Medaillen für Österreich holen. Neben den sportlichen Zielen hat es sich Katrin zur Herzensaufgabe gemacht, die Inklusion durch Sport voranzutreiben und aufzuzeigen, dass das Erlernen von nonverbaler Kommunikation für jeden ein Gewinn ist. Mithilfe einer Gebärdendolmetscherin, die Katrin am Drehtag begleitet, können wir uns unterhalten. "Es ist für mich eine Ehre, bei diesem Filmprojekt dabei zu sein", erzählt sie mir. "Hier arbeiten so viele engagierte und professionelle Frauen. Und alle sind mit meiner Behinderung locker umgegangen. Diese Selbstverständlichkeit, dass meine Gehörlosigkeit normal ist, dass ich ein Teil dieses wunderbaren Frauenteams bin, hat mich begeistert."

Renault ist offizieller Partner der Viennale – diese Kooperation gab den Impuls für das Filmprojekt.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

In dem Moment wird der Renault CAPTUR, mit dem ich vorhin zum Filmdreh gefahren bin, vorgefahren und an der Tankstelle geparkt. Gleich wird wieder die Kamera angehen, Katrin wird in den Wagen steigen und mit ihm zur Sporthalle fahren, wo die nächste Szene gedreht wird. Bevor sie sich in das Auto setzt, lässt sie mich noch wissen: "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in einem Vintage-Gewand Badminton spielen werde, das ist wirklich eines der Highlights in meiner bisherigen Badmintonkarriere."

Der Moment wird sichtbar

Mit ihren Bildern führt die Fotografin Alessandra Ljuboje im Film von Szene zu Szene.
Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Vintage, das ist das Schlagwort. Die nostalgisch anmutende Parkgarage, Tanksäulen im Retro-Look, Katrins Hinweis auf die nächste Szene, in der sie Sportkleidung im Look von Annodazumal trägt, und die wunderschönen Aufnahmen der Backstagefotografin Matea, die wie ein bisschen aus der Zeit gefallen wirken– der Film scheint in der Vergangenheit zu spielen. Ich frage bei Suzana nach: "Der Film spielt eigentlich in einem Reich der Zeitlosigkeit", klärt sie mich auf. "Die beiden Schauspielerinnen, die im Intro und Outro des Films zu sehen sind – Valerie Huber und Elena Schwarz – symbolisieren die Vergangenheit und die Zukunft. Neidisch sind beide auf die Gegenwart, auf den aktuellen Moment. Für diese steht im Film die Fotografin Alessandra Ljuboje. Sie führt uns mit ihren Bildern, die wir als Polaroids sehen, von Szene zu Szene."

Der Kurzfilm besteht aus vier Szenen und damit verbunden vier Drehorten: das Filmcasino, ein Kostümfundus, die Astoria Garage und eine Turnhalle.
Fotos: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Der etwa zehnminütige Kurzfilm besteht aus insgesamt vier Szenen und damit verbunden vier Drehorten, vier Protaginistinnen und vier Farbwelten. Neben dem in zartem Grün gehaltenen Setting Tankstelle mit Dafina als Hauptdarstellerin sowie der Sporthalle mit Katrin als Protagonistin und der Farbwelt Orange gibt es zwei weitere Filmszenen: Im Foyer des Filmcasinos, das in ein zartes roséfarbenes Licht getaucht ist, sehen wir Jiaran Wang. Die ausgebildete Konzertpianistin und Klavierpädagogin, die auch als Energiecoach arbeitet, spielt am Piano. Die Musik für die Filmszene hat sie eigens komponiert. Natalia Catanea wiederum ist Aerial-Silk-Tänzerin mit argentinischen Wurzeln. Sie spielt im Film eine Kostümbildnerin, die im Fundus arbeitet, entdeckt ihren Moment und fängt, getaucht in blaues Licht, an zu tanzen.

Foto: Matea Acimovic - Tea Xuxu

Gemeinsam Großartiges schaffen

Die Tankstellenszene ist abgedreht, das Filmteam liegt gut in der Zeit, es wird viel gelacht. Während fleißige Hände Leinwände und Beleuchtung abbauen, habe ich Gelegenheit, mit Jasmin Porstendörfer zu sprechen. Jasmin arbeitet im Marketing von Renault Österreich und begleitet den Filmdreh von Sponsorenseite. Sie ist begeistert vom Projekt: "Wir wollen Themen aufgreifen, die eine gesellschaftliche Relevanz haben. Genau diese Themen und die damit verbundene Vielfältigkeit zeigen sich im Film – nicht als politisches Statement, sondern schlichtweg als das, was es ist: Frauen schaffen gemeinsam etwas Schönes, Großartiges." Wir schauen uns um: An solchen Orten wie hier finden starke Frauen zusammen. Sie erzählen im Film eine Geschichte, in die ihre eigene Lebensgeschichte einfließt. Sie arbeiten zusammen, sie lachen gemeinsam, sie unterstützen sich. "Ich freue mich darüber, dass wir als starke Marke die Möglichkeit haben, solche Projekte zu verwirklichen. Und Kooperationen wie jene mit der Viennale geben uns oft den Impuls dazu." (Sandra Bak, 20.10.2018)