Berlin – Mehr als jeder fünfte abhängig Beschäftigte in Deutschland arbeitet in einem Mini-Job. Das geht nach einem Bericht der "Rheinischen Post" vom Samstag aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Der Anteil der Mini-Jobber an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug Ende März demnach gut 23 Prozent. Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) drängte unterdessen auf eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde.

Ende März gingen den Regierungsangaben zufolge rund 7,6 Millionen der insgesamt knapp 32,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einem steuerfreien Mini-Job nach. Das waren rund 35 Prozent mehr als vor 15 Jahren. Etwa 8,5 Prozent der regulär Beschäftigten üben den neuen Zahlen zufolge zusätzlich noch einen Mini-Job im Nebenjob aus, hieß es weiter unter Berufung auf Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Obergrenze von 450 Euro pro Monat

Der Mini-Job mit einer Verdienstobergrenze von derzeit 450 Euro im Monat ist für Arbeitnehmer steuer- und weitgehend abgabenfrei, der Arbeitgeber zahlt reduzierte Abgaben für seine Mitarbeiter. Der Mindestlohn gilt allerdings ohne Einschränkungen auch für Mini-Jobs. De facto bedeutet dieser hier, dass die Zahl der Arbeitsstunden, die vom Arbeitnehmer verlangt werden dürfen, begrenzt ist und mit steigendem Mindestlohn sinkt, weil sonst die 450-Euro-Grenze überschritten würde.

Einen zusätzlichen Schub erhielten die Mini-Jobs den Angaben zufolge 2015 nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, weil einige Arbeitgeber den damit verbundenen höheren Lohnkosten ausweichen wollten. "Die Zahl der Mini-Jobs wächst und reguläre Jobs werden ersetzt", kritisierte die Linken-Sozialpolitikerin Susanne Ferschl in der "Rheinischen Post". Der Staat subventioniere damit Unternehmen, die durch Mini-Jobs bei den Löhnen Kosten sparen könnten.

Rufe nach höherem Mindestlohn

Heil sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Der Mindestlohn muss nach 2020 schnell weiter steigen. Zwölf Euro sind ein realistischer Wert." Aktuell beträgt die gesetzliche Lohnuntergrenze 8,84 Euro pro Stunde. Sie steigt bis 2020 in zwei Schritten bis auf 9,35 Euro. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich bereits für einen Mindestlohn von zwölf Euro ausgesprochen.

Arbeitsminister Heil stimmte die Beschäftigten auch auf weitere Umbrüche am Arbeitsmarkt ein. "Uns geht die Arbeit nicht aus, aber es wird andere Arbeit sein", sagte er den Funke-Zeitungen. In den nächsten sieben Jahren würden durch den technischen Fortschritt im Vergleich zu heute 1,3 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, "es entstehen aber auch 2,1 Millionen neue Jobs", verwies der Minister auf Prognosen seines Ministeriums. Nötig seien daher mehr Qualifizierung, Weiterbildung und Umschulung. (APA, 3.11.2018)