Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Bildungsminister Heinz Faßmann (zweite Reihe) wollen Kopftücher an Volksschulen verbieten. Der Antrag dazu soll noch diese Woche im Parlament eingebracht werden.

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Wien – Kinder sollen nicht gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen – da sind sich alle Parteien einig. Die Regierung will das Kopftuchverbot, das bereits in Kindergärten gilt, auch auf die Volksschule ausweiten. Ein Initiativantrag soll diese Woche im Nationalrat eingebracht werden, für eine Verfassungsmehrheit braucht es die Opposition.

Der STANDARD hat sich in mehreren Volksschulen umgehört. Eine Direktorin im 16. Wiener Gemeindebezirk erklärt: "Kopftuch in der Volksschule, das ist bei uns kein Thema, die Geschlechtsreife ist ja noch nicht erreicht." Aus einer anderen Schule – ebenfalls in Ottakring – heißt es: "Kinder mit Kopftuch, das gibt es schon fast an jeder Schule." Ein Wiener Schulinspektor, der wie alle anderen Gesprächspartner anonym bleiben möchte, ist überzeugt: "Es wird ein paar treffen. Aber nicht die große Zahl muslimischer Schülerinnen." Denn häufig sehe man Mädchen mit Kopftuch erst in der Mittelschule.

Keine Zahlen, aber "Anlassfälle"

Wie viele Kinder von einem Kopftuchverbot in Volksschulen konkret betroffen wären, weiß niemand. Im Bildungsministerium wird dem STANDARD ausgerichtet, dass bisher keine Erhebungen durchgeführt wurden. Es liege dem Ressort aber eine größere Zahl an Anlassfällen vor, da sich mehrere Lehrer gemeldet hätten.

Grundsätzlich müsste ein Verfassungsgesetz beschlossen werden, um das Kopftuch in Volksschulen zu verbieten. SPÖ und Neos zeigen sich diesbezüglich gesprächsbereit, wollen einem Verbot aber nur im Rahmen eines Gesetzespakets zustimmen, das auch mehrere Integrationsmaßnahmen umfasst. SPÖ und Neos fordern unter anderem mehr Lehrer und Unterstützungspersonal an Brennpunktschulen.

Faßmann: Einfaches Gesetz im Notfall

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) strebt eine "breite rechtliche Absicherung" des geplanten Kopftuchverbots an den Volksschulen an. In der Zeit im Bild 2 sagte er, der parlamentarische Prozess sei ja erst am Anfang, die endgültige Meinung der Parteien kenne man noch nicht. Sollte eine Verfassungsmehrheit allerdings nicht möglich sein, hält er auch eine einfachgesetzliche Verabschiedung für möglich. Es gehe um eine Frage der "gesellschaftpolitischen Normsetzung".

"Menschenverachtend"

Der Neos-Bildungssprecher Douglas Hoyos sagt dazu: "Ich kenne den Antrag bisher nicht. Die Idee ist grundsätzlich gut, aber die Umsetzung wie bei der Arbeitszeitflexibilisierung scheinbar wieder katastrophal."

Heftige Kritik übt auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ibrahim Olgun. Der FPÖ wirft er eine "menschenverachtende Geisteshaltung" vor: "Dass hier auf dem Rücken von Kindern populistische und ausgrenzerische Politik betrieben wird, zeigt, wie schamlos und letztklassig die FPÖ vorgeht." Laut IGGÖ würden selbst an islamisch-konfessionellen Volksschulen lediglich 15 Prozent der Schülerinnen ein Kopftuch tragen. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ortet "radikal islamische Elemente in der Glaubensgemeinschaft", die nicht zu tolerieren seien. Die "fanatische Ablehnung" ist für ihn "überaus besorgniserregend". (Aaron Brüstle, Katharina Mittelstaedt, 19.11.2018)