Kopftuch tragende Mädchen in Schulen: ein Thema, das demnächst wohl für den gesamten Pflichtschulbereich diskutiert werden wird.

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Ob mit oder ohne Opposition: Die türkis-blaue Bundesregierung will ein Kopftuchverbot für Volksschulmädchen – laut FPÖ – auch mit einfacher Mehrheit beschließen. Ungeachtet aller Kritik und massiver Bedenken von Verfassungsrechtsexperten. Denn das Verbot bedarf einer Änderung des Schulunterrichtsgesetzes, dessen Novellierung an sich eine Zweidrittelmehrheit verlangt.

Die SPÖ hat aber bereits abgewinkt. Die roten Abgeordneten werden nicht zustimmen. "Die Regierung redet nicht mit uns, es gibt keine Begutachtung, und auf Zuruf wird die SPÖ sicher nicht hüpfen", sagt der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried im STANDARD-Gespräch. Und auch mit den Neos wird wohl kaum zu rechnen sein. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger sprach von einer "Husch-pfusch-Aktion".

Hohe Strafen

Im Regierungsentwurf, der kurzfristig an die Oppositionsparteien verschickt wurde, sind auch Strafen für die Eltern inkludiert, sollten sie ihre Töchter mit Kopftuch in die Volksschule schicken. Bei Verstößen sollen die Eltern vorerst zu einem Gespräch in die Schule vorgeladen werden.

Bei weiteren und "nachhaltigen Übertretungen" des Verbots kann die Bezirksverwaltungsbehörde dann eine Geldstrafe von bis zu 440 Euro oder im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen verhängen. So steht es zumindest im Gesetzesentwurf der Koalition.

Aber grundsätzlich: Ist das Tragen von Kopftüchern in den Volksschulen in Österreich tatsächlich ein brennendes Problem, das einer gesetzlichen Regelung bedarf? DER STANDARD hörte sich in den Bundesländern um.

"Ich gehe davon aus, dass es in den anderen Ländern ganz gleiche Erfahrungen gibt", sagt etwa Thomas Valent, Leiter der Abteilung Bildung in der Stadt Klagenfurt. "Das Thema Kopftuch in der Volksschule ist schlicht und einfach keines, die Frage stellt sich nicht", betont Valent. Der Klagenfurter Befund gelte für ganz Kärnten, sagt Landeshauptmann-Sprecher Andreas Schäfermeier.

Länder sind dagegen

Ganz im Westen, in Bregenz, bemerkt ÖVP-Schulstadtrat Michael Rauth trocken: "Ein Kopftuchverbot in der Volksschule ist absolut nicht notwendig." Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Verbot eingeführt werden soll. Das Kopftuch in den Volksschulen sei "absolut kein Thema".

Ähnliches Wording in der Steiermark. "Das Thema hat in der Volksschule einfach keine Relevanz", heißt es im Büro der Bildungslandesrätin Ursula Lackner (SPÖ). Und auch im ÖVP-dominierten Oberösterreich zeigt man sich kritisch: "Wir registrieren zwar vereinzelt Fälle. Von uns aus braucht es aber kein Verbot, es gibt überhaupt keine fachliche Begründung dafür", heißt es aus der dortigen Bildungsdirektion.

Ein Spezialfall ist Graz. Schulstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) spricht von einer "leicht steigenden Tendenz" der Anzahl Kopftuch tragender Mädchen in Volksschulen. Fakt ist: Graz gilt seit Jahren als Hotspot radikaler Islamisten und war Schauplatz etlicher Jihadistenprozesse. (Walter Müller, 20.11.2018)