Zu Harri Stojkas Konzert am Montagabend haben sich auch der Bundespräsident und seine Gattin angekündigt.

Foto: Robert Newald

Wien – Wenn man eine Bevölkerungsgruppe sucht, die man als echt europäisch bezeichnen kann, muss man eigentlich nicht lange suchen: Es gibt kaum einen Staat in Europa, in dem Roma und Sinti nicht seit Jahrhunderten beheimatet sind – die meisten in Rumänien (geschätzt knapp zwei Millionen), Bulgarien, Spanien und Ungarn, der Slowakei, Serbien und Frankreich. Ein Zählen der Roma und Sinti, wie es der italienische Innenminister und Chef der fremdenfeindlichen Lega, Matteo Salvini, im Vorjahr ankündigte, sorgte zuletzt für entsetzte Reaktionen, erinnert es doch viele an den Porajmos, den Völkermord an den Roma während der NS-Diktatur.

Seit 29 Jahren wird der 8. April als Internationaler Tag der Roma begangen, um auf die Situation der Roma in der ganzen Welt aufmerksam zu machen. Armut und Diskriminierung sind ein prägender Teil des Alltags vieler Roma und Sinti, doch der internationale Aktionstag will keinesfalls nur darauf die Aufmerksamkeit richten, sondern auch auf eine reiche Kultur und ihren Einfluss und Beitrag in der Gesellschaft.

Dichtes Programm am 8. April

In Österreich wird der 8. April heuer festlich wie nie zuvor begangen. Organisiert wird das dichte Programm, das mit dem Hissen der internationalen Fahne der Roma am Wiener Rathaus mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) um 14.30 Uhr beginnen wird, heuer erstmals vom Verein Voices of Diversity. Ab 18.30 Uhr wird dann der Schriftsteller Michael Köhlmeier ein international besetztes Podium im ORF-Radiokulturhaus moderieren.

Unter anderem wird der deutsche Bürgerrechtsaktivist und Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Roma und Sinti, Romani Rose, über Roma-Bürgerrechtsbewegungen und den Kampf gegen Antiziganismus, aber auch über die Kunst und Kultur diskutieren.

Die Gründerin und Obfrau von Voices of Diversity, Valerie Stojka, freut sich vor allem auch auf den Fokus auf das Positive in der Roma-Kultur: "Uns ist es wichtig, nicht immer nur auf die Probleme zu schauen, sondern auch auf jenen Teil der Kultur, der nicht so sichtbar ist. Da gibt es Wissenschafter, Künstler und Politiker, da gibt es eine neue Generation von jungen Menschen, die sind selbstbewusster und ziehen sich weniger zurück, als das vielleicht die Alten getan haben", erzählt Valerie Stojka. Ein gutes Beispiel ist dafür sicher der junge in Wien lebende bildende Künstler Robert Gabris, der auch an der Podiumsdiskussion teilnehmen wird.

"Es geht jetzt gegen alle Minderheiten"

Ab 21 Uhr wird das Programm mit einem Konzert (Eintritt: 27 Euro) von Valerie Stojkas Ehemann, dem legendären Wiener Musiker Harri Stojka, beendet. Er erzählt dem STANDARD, wie er das Klima in Österreich seit dem Antritt der türkis-blauen Koalition von Sebastian Kurt und Heinz-Christian Strache wahrnimmt: "Es geht jetzt gegen alle Minderheiten, nicht nur gegen uns Roma", sagt der Musiker, der selbst aus einer Lowara-Rom-Dynastie stammt, "aber was ich sehr positiv wahrnehme, ist, dass sich immer mehr Widerstand bildet. Ich merke das auch auf meiner Facebook-Seite, wo sich 97 Prozent der Menschen sehr positiv, unterstützend und liberal zu Wort melden."

Wichtig sei natürlich, dass sich Menschen etwa bei rassistischen Übergriffen solidarisch verhalten, so Stojka: "Es gibt auch viel Zivilcourage, aber Helden wachsen halt nicht auf den Bäumen." Wo er wirklich Handlungsbedarf sieht? "Bei den Bettlern auf der Straße, von denen viele Roma sind. Ich kann nicht verstehen, dass die Politik in einem reichen Land wie unserem diesen Menschen nicht hilft." Gefragt, was für ihn der Höhepunkt am Montag sein wird, muss Harri Stojka nicht lange überlegen: "dass der Bundespräsident und seine Frau zu meinem Konzert kommen!" (Colette M. Schmidt, 8.4.2019)