Um sich Rembrandt van Rijns Könnerschaft und Größe als Maler und Grafiker zu nähern, lohnt abseits von Jubiläen der Besuch heimischer Museen. Im Falle des Bestands in der Albertina (45 Zeichnungen, 740 Druckgrafiken) oder dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste ist man dabei aus konservatorischen Gründen weitestgehend auf Sonderausstellungen angewiesen.
Anders bei Gemälden: In der Residenzgalerie Salzburg trifft man auf ein Bildnis seiner Mutter (Betende alte Frau), eine auf einer Kupferplatte gemalte Charakterstudie (um 1629/30), die Anfang der 1980er aus der Sammlung Czernin angekauft wurde. Der sonst im Gartenpalais des Fürsten Liechtenstein beheimatete Amor mit der Seifenblase (1634), den man 1995 für etwas mehr als vier Millionen Euro bei Sotheby’s in London ersteigerte, ist allerdings meist auf Tour. Aktuell wurde er anlässlich der Feierlichkeiten zum 300-Jahr-Jubiläum des Fürstentums zu einer Ausstellung in das Kunstmuseum in Vaduz abkommandiert.
Größter Gemäldebestand im KHM
Die größte Sammlung an Bildern Rembrandts beherbergt das Kunsthistorische Museum (KHM): neun Gemälde, die – bis auf eine Ausnahme – schon 1720 oder 1783 in Inventaren des Hauses Habsburg nachweisbar sind. Darunter drei Selbstporträts, die im Schaffen Rembrandts nicht nur aufgrund der Menge eine Sonderstellung genießen: Die 55 gemalten, 30 radierten und sieben gezeichneten "Selfies" sind eine einzigartige Selbstbiografie.
Zu den eindrucksvollsten gehört das um 1657 gemalte "kleine" Selbstbildnis, in dem sich Rembrandt ohne jede Eitelkeit oder Pose verewigte, samt seiner charakteristisch groben und von seinem Leben gezeichneten Gesichtszüge. Zwei Jahre zuvor schuf er ein größeres Selbstporträt, das ihn in Pelz gekleidet mit Kette und Ohrring zeigt. Dieses gelangte 1942 über die Vermittlung des Wiener Kunsthändlers Otto Schatzker für 750.000 Reichsmark in den Museumsbestand.
Causa Mendelssohn
Ein Dossier, das die Hintergründe des Ankaufs beleuchtet und die Grundlage für eine Entscheidung des Kunstrückgabebeirats bildet, ist in Vorbereitung, wie KHM-Provenienzforscherin Monika Löscher auf Anfrage informiert. Die Causa scheint komplexer als andere Fälle. Darauf verweisen auch Publikationen des Schweizers Thomas Blubacher, der sich eingehend mit der Familiengeschichte der vormaligen Besitzer beschäftigte.
Die Kurzfassung: Das Rembrandt-Selbstbildnis gehörte ebenso wie seine Darstellung der Hendrickje Stoffel (Städel-Museum in Frankfurt) dem 1917 verstorbenen Berliner Bankier und Kunstsammler Robert von Mendelssohn. Seine "arische" Witwe Giulietta, Tochter des Porträtmalers Michele Gordigiani, hatte ihren Vermögensverwalter 1941 mit dem Verkauf diverser Kunstwerke beauftragt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich die Familie vergeblich um Rückstellungen. Zeugen sollten belegen, dass sie ihren Kindern am Silvesterabend 1932 sämtliche fraglichen Gemälde schenkte. Als "Mischlinge" gehörten ihre Kinder zur Gruppe der Verfolgten und seien "von Naziagenten" zum Verkauf gezwungen worden. Die Zwangslage der Familie wollten österreichische Behörden 1953 und 1964 nicht anerkennen. (Olga Kronsteiner, 28.9.2019)