Die Maskenpflicht – sinnvolles Mittel zur Pandemiebekämpfung oder fehlende Verhältnismäßigkeit für eine staatliche Vorschreibung?

Foto: Imago/Michael Gstettenbauer

PRO: Minimale Einschränkung

von Martin Tschiderer

Sie sind heiß. Sie lassen Brillengläser beschlagen. Sie nehmen Luft zum Atmen. Und Menschen, die sie in der Arbeit den ganzen Tag tragen müssen, sind abends viel erschöpfter. All das ist an Masken lästig, keine Frage. Aber: Übersterblichkeit, Long Covid und Lockdowns; geschlossene Lokale, Rekordarbeitslosigkeit und milliardenschwere Hilfspakete – all das ist dann doch ein bisschen "lästiger", oder?

Schon klar, es ist nicht die eine Maßnahme, die all die anderen Probleme verhindern wird. Aber im Vergleich zu praktisch jeder anderen Pandemiemaßnahme sind Masken in Innenräumen eine so kleine Einschränkung, dass der Widerstand dagegen oft wirkt wie kindliche Trotzphase oder (post-)pubertäre Anti-Haltung. Gerade weil es eine so einfache Maßnahme ist, die wirkt, sehen die Konzepte der Gecko-Fachleute für den Herbst auch wieder Maskentragen vor. Und deshalb erwägt die deutsche Regierung eine generelle Maskenpflicht von Oktober bis Ostern – parallel zur Winterreifenpflicht.

Man sollte Masken nicht staatlich verordnen? Die Menschen sollten besser eigenverantwortlich handeln? Absolut. Nur funktioniert das in Österreich traditionell schlecht. Und ein Mentalitätswechsel wird sich auf die Schnelle nicht herbeiführen lassen. Will man steigende Infektionszahlen einbremsen, bevor sich die Spitäler wieder füllen, wird man also früh genug wieder auf die verpflichtende Maske setzen müssen. (Martin Tschiderer, 19.6.2022)

KONTRA: Gesicht des Sommers

von Markus Rohrhofer

Man ist geneigt, einen Rudi-Carrell-Klassiker aus dem Langzeitschlagergedächtnis abzurufen: "Wann wird’s mal wieder richtig Sommer, ein Sommer wie er früher einmal war? Ja, mit Sonnenschein von Juni bist September ..." – und ohne eine Debatte um die Maskenpflicht.

Nicht lange ist es her, da wurde der verpflichtende Mundschutz in fast ganz Österreich über den Sommer quasi in den Kasten verbannt. Gleich neben dem Wintergewand. Gut verstaut, aber griffbereit, wenn es im Herbst wieder ungemütlich werden sollte. So weit der durchaus vernünftige Plan, den Menschen eine maskenfreie Durchschnaufpause zu gönnen.

Doch mit der steigenden Zahl an Neuinfektion fährt parallel der Alarmismus in die Höhe. Schon werden die Stimmen laut, die die Maske zum sommerlichen Must-have erklären wollen. Quasi die 3S-Regel am Badestrand: Sonnencreme, Sonnenhut und Seuchensegel.

Auch wenn die FFP2-Maske unbestritten in viralen Hochzeiten wertvolle Dienste leistet, darf nicht vergessen werden, dass der verpflichtende Mundschutz zu Recht eine temporäre Maßnahme ist. Wer ihn jetzt freiwillig trägt – gerne. Aber für eine staatliche Vorschreibung braucht es die Verhältnismäßigkeit. Und wenn aktuell die Infektionszahlen zwar steigen, aber das Gesundheitssystem angesichts der überschaubaren Spitalsbettenauslastung nicht einmal ansatzweise wackelt, dann reicht im Sommer die Sonnenbrille im Gesicht. (Markus Rohrhofer, 19.6.2022)