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Protestaktion gegen die Einschränkung der Pressefreiheit in vielen Ländern

Foto: APA / MICHEL EULER

Das Internet soll in einem demokratischen und durchschaubaren Prozess dazu beitragen, eine wirklich globale und für alle Menschen zugängliche Informationsgesellschaft aufzubauen. Der digitale Graben zwischen Arm und Reich müsse zu einer digitalen Chance werden und eine ebenso harmonische wie gerechte Entwicklung sichern. Die ersten Schritte auf diese Ziele hin hat der zweite Weltinformationsgipfel in einer 122 Punkte umfassenden "Tunis-Agenda" festgeschrieben, die von den etwa 170 Teilnehmerstaaten zum Gipfelende angenommen wurde. "Das war ein Gipfel der Lösungen, wir sind einen großen Schritt vorangekommen", sagte der japanische Gipfelleiter Yoshio Utsumi in der tunesischen Haupstadt.

Verwaltung und Kontrolle des Internet

Den Kern machen zwei Vorstöße der Staatengemeinschaft aus, die von den USA beherrschte Verwaltung und Kontrolle des Internet unter UNO-Führung "multilateraler und internationaler" zu machen. So soll UNO-Generalsekretär Kofi Annan das vereinbarte internationale Forum zur Diskussion der Internet-Politik im Frühjahr "in einem offenen und alle einschließenden Verfahren" einberufen. Diesem Gremium hatten die USA nur zugestimmt, weil es kein Aufsichtsrecht hat und sich nicht in technische Fragen und den täglichen Betrieb einmischt.

"Tunis-Agenda für die Informationsgesellschaft"

In einer allgemeinen Strategie ist der UNO-Generalsekretär aufgefordert, einen internationalen "Prozess der verbesserten Zusammenarbeit" mit allen wichtigen Organisationen in Gang zu setzen. Die "Tunis-Agenda für die Informationsgesellschaft" stärkt zudem das Recht eines Landes, die Top-Domains (wie .at) ohne Einmischung von außen – also auch nicht der USA – festzulegen.

Globale Kommunikation

Der dreitägige Weltinformationsgipfel, der zweite nach einem Treffen 2003 in Genf, sollte dazu beitragen, den Weg zur globalen Kommunikation freizumachen. Die Teilnehmerstaaten unterstrichen vor allem die Notwendigkeit, die Dritte Welt stärker an Entscheidungen zur Internet-Politik zu beteiligen und ihnen finanziell zu helfen.

Übergriffe

Überschattet wurde der Gipfel von mehreren Übergriffen tunesischer Sicherheitsbeamter auf Journalisten, was Proteste und kritische Äußerungen unter anderem der USA, der EU und auch Berlins hervorrief. Sieben Oppositionelle, die vor dem Gipfel mit einem Hungerstreik auf mangelnde Pressefreiheit und Menschenrechte in Tunesien aufmerksam gemacht hatten, brachen ihre Aktion am letzten Gipfeltag ab. Sie hatten ihr Ziel erreicht. "Nie mehr sollten die Vereinten Nationen einen Weltgipfel in einem Land abhalten, das internationalen Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte und der Pressefreiheit nicht einhält", sagte Steve Buckley für die Tunesien beobachtenden Menschenrechtsorganisationen.

"Verstärkte Kooperation"

Als Erfolg betrachtet die EU-Verhandlungsführerin, Medienkommissarin Viviane Reding, das Ergebnis des Weltinformationsgipfels von Tunis. Gegenüber dem am Montag erscheinenden deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" wies sie laut einer Vorausmeldung auf die beschlossene "verstärkte Kooperation" in Bereichen hin, die das öffentliche Interesse berühren. Auch sei erstmals verbrieft, dass kein Land an Entscheidungen über die Kontrolle oder Vergabe einer Länderkennung eines anderen Staates beteiligt sein soll und alle Regierungen Verantwortung für das Netz tragen. "Mit der Vereinbarung von Tunis haben wir Europäer einen Fuß in die Tür bekommen", sagte Reding.

"Die Tür ist jetzt offen für eine schrittweise Beendigung der einseitigen US-Kontrolle über Icann", sagte die EU-Kommissarin. Erstmals sei es gelungen, "in internationalen Verhandlungen die USA vom Unilateralismus wieder ein Stück in Richtung Multilateralismus zu bewegen". (Apa)