Sabine Groschup arbeitet zur Zeit an einer Dokumentation über den Österreichischen Animationsfilm.
Handyfoto: Redaktion
In "Gugug", für den die Trickfilmerin den Synchro Film&Video Sachpreis der Tricky Women erhalten hat, lässt Sabine Groschup ihre Großmutter Geschichten aus ihrem Leben als junges Mädchen und Frau auf dem Land in Tirol um 1920 erzählen. In der ersten Geschichte spricht Olga über ihre Ahnungslosigkeit vom Kinderbekommen. Der zweite Teil handelt vom Kinderkriegen und vom Kindstod und Tod und den Lebensbedingungen rundherum. Die Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1999, zwei Jahre bevor Olga starb.

Österreich, 2006
35mm, 1:1.37, Farbe, Mono
Malerei auf 35 mm Film
6.23 min
Filmstill Gugug

Tricky Women ist weit und breit das einzige Frauentrickfilmfestival. Anfangs war Sabine Groschup noch skeptisch: Ist das notwendig? Es gibt doch so wenig Trickfilmerinnen in Österreich, da steckt keine Industrie dahinter. Aber es wurden mehr. Immer mehr. In der Zwischenzeit ist die Künstlerin von der Wichtigkeit eines solchen Rahmens sprich einer Möglichkeit überzeugt. Zumal es (international) immer noch ein Geschlechterungleichverhältnis zum Nachteil der weiblichen Künstler gibt. Männerdomäne. Sie denke da an ein Festival in Tschechien, viele Preise, einige sehr gute Arbeiten von Frauen. Ausschließlich männliche Juroren, nur Männer räumten ab.

 

Seit über zwanzig Jahren macht Sabine Groschup Kunst. Trickfilm bevorzugt. Sie hat bei Maria Lassnig studiert, auch weil ihr gefallen hat, dass mit Lassning eine Frau eine Professur über hatte - alle anderen waren Männer, von der Leitung der Tapisserie mal abgesehen. Aber natürlich auch, weil Lassnig eine tolle Künstlerin war/ist, der es zu verdanken ist, dass sich die junge Sabine Groschup in den frühen 80er Jahren für das Medium Animationsfilm zu interessieren begann. Es war eine schöne Erfahrung, dass man ein ganz anderes Feld betreten konnte als das der Malerei, erinnert sich Groschup. Sicher, Super8-Filme, auch Experimente mit Stopptrick sind da schon vorausgegangen - "leicht infantile" Stücke, sehr spaßig - bei Super8 ergäbe sich das einfach.

Mit anderen Kunstschaffenden wie Bady Minck oder Freundinnen und Freunden aus Düsseldorf und Luxemburg gab es regen Austausch und "Elementarspaß". Man war auf diversen Festivals vertreten, die waren noch frisch und fröhlich, manche erst neu gegründet, eben sehr lebendig. Heute werden immer mehr ins Leben gerufen, Trickfilm ist nicht Fremdes im Kunstkontext mehr. Was ja war früher nicht der Fall war. Als Groschup begonnen hat, mit dem Medium zu arbeiten, war's ungewöhnlich. Es wurde nicht recht geschätzt.
Und damit kommt wieder Maria Lassnig ins Spiel (die mittlerweile auch ihre Personalen hatte, nur eben um einiges später als ihre Zeitgenossen Rainer und Co. - und mittlerweile wohlverdient bigger in business ist als jene, freut sich Groschup): Die hat in den 80ern eine eigene Trickfilmklasse installiert - Ein eigener Lehrstuhl fehlt bis heute. Öffentlichkeit(en) wurden vor zwanzig Jahren aber dennoch erreicht: Man stelle sich vor, Sat1, RTL und der ORF zeigten damals Experimental/Trick/Kurzfilm-Programme. Der ORF finanzierte teils gar Produktionen, zum Beispiel "Das Einmaleins des glücklichen Lebens", wo auch Groschup mitarbeitete. Auch in den nicht so seltenen Programmkinos liefen die Streifen vor den Hauptfilmen. Diese Fenster zur Welt schließen sich immer mehr, meint Groschup, heute spielt es derartiges wenn überhaupt nur mehr auf Arte und 3sat. Oder anderswo zu nachtschlafender Zeit.

Und das, obwohl sich in der letzten Zeit so viel auf dem Gebiet tut. Hätte sie damals das aktuelle Projekt zum Österreichischen Trickfilm ab 1900 aufgenommen, wäre längst nicht so viel zu dokumentieren gewesen, meint Groschup. Besonders in den letzten fünf Jahren haben immer mehr Leute, meist junge, tatsächlich mehr Frauen als Männer, Filme zu machen begonnen. Warum es kein Nachwuchsproblem gibt, liegt für Groschup auf der Hand: Trickfilme sind Teil der Alltagskultur geworden, die Jüngeren wachsen damit viel eher auf als früher, allein schon durch das Fernsehen. Und das weckt den Ehrgeiz, so etwas doch auch selber zu machen. Außerdem sind Trickfilme leichter zu produzieren, sie kosten weniger; es ist relativ einfach, sich ein gutes Programm sich zu checken, der Zugang ist einfacher, die IT-Kenntnisse sind besser. Und: Die Experitmentierfreudigkeit kommt durch. Der Computer gibt eine gewisse Freiheit. Viele Nachkommende studieren an Kunsthochschulen oder machen gleich eine der neueren Schulen in Linz oder Salzburg.

Trickfilm, ganz basic, so wie Groschup ihn selber macht, ist allerdings dann doch recht aufwendig - es braucht dazu meist ein Studio - und mehr Geld. Und so hat Sabine Groschup das selbst in die Hand genommen: gemeinsam mit anderen Lassnig-Studierenden und dem Lehrbeauftragten Hubert Sielecki hat sie 1985 den Österreich-Ableger des ASIFA-Studios gegründet. Der Gedanke dahinter: Unabhängig bleiben, sich nicht von der Industrie einkaufen lassen müssen. Ein kommerzielles Studio kostete damals schon 12.000 Schilling pro Miet-Tag (acht Stunden). Mittlerweile ist das Studio auch schon um einen digitalen Arbeitsplatz ergänzt worden und steht anderen Kunstschaffenden prinzipiell offen - bei geförderten Projekten nicht immer einfach. Die Gelder wurden in den letzten Jahren immer knapper und immer weiter beschnitten. Nicht nur das Medium Film hat darunter gelitten. Aber gerade hier hieß es: Entweder du machst es zuhause oder du stellst viel Geld auf. Von der Stadt Wien bekommt das Studio noch Strukturförderung, vom Bundesministerium kommt gar nichts mehr. Projektförderung statt Strukturförderung heißt es jetzt. Aber nicht alle Projekte werden dann gefördert. Dadurch hätte man die letzte Zeit keinen wirklichen Freiraum gehabt, konstatiert Groschup: Die kommerzielle Ausrichtung der Kunst hat die Nabelschnur zum Experimentieren abgeschnitten. Immer dieser Druck: Der Film müsse erfolgreich werden. Früher sei das Denken freier gewesen. Aber wenigstens gibt es wieder ein Ministerium, meint Groschup. Man darf hoffen. Auch persönlich, auf bessere Entlohnung, darauf, ohne Nebenjobs über die Runden kommen, auf mehr Zeit und Ruhe. In der Kunst stecke nämlich schon immer auch Ausbeutung. (bto)