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Britisches Unterhaus lehnt Johnsons Neuwahlantrag erneut ab

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Das Parlament muss nun in Zwangspause, eine Neuwahl ist damit frühestens Ende November möglich


Boris Johnson ist zum zweiten Mal im britischen Unterhaus mit seinem Antrag auf Neuwahlen gescheitert. 293 stimmten für und 46 gegen den Antrag des britischen Premiers, der mit einer Wahl ein Mandat für seinen harten Brexit-Kurs bekommen will. Bereits vergangene Woche hatte sich keine Zweidrittelmehrheit für den Antrag gefunden.

Damit werden die Britinnen und Briten frühestens Ende November an die Urnen gerufen, lange nach dem von Johnson nach wie vor anvisierten Brexit am 31. Oktober. Das Anti-No-Deal-Gesetz, vom Premier wahlweise als "Jeremy-Corbyn-Gesetz", "Kapitulationsgesetz" oder, neuerdings, schlicht als "lausig" bezeichnet, hat am Montag jedenfalls den sogenannten "royal assent" erhalten und damit durch die Unterschrift der Königin Gültigkeit erlangt.

Mehrheit für Grieve-Antrag

Für einen Antrag von Dominic Grieve hatte sich zuvor im Parlament eine Mehrheit gefunden: 311 Abgeordnete stimmten für, 302 dagegen, dass die Regierung interne Kommunikation zur Suspendierung des Parlaments und Dokumente zur Planung rund um den No-Deal-Brexit ("Operation Yellowhammer") offenlegt.

Die Abgeordneten werfen Johnson vor, die Parlamentspause taktisch eingesetzt zu haben, um die Handlungsfähigkeit des Parlaments vor dem geplanten EU-Austritt am 31. Oktober einzuschränken. Nun wollen sie die Kommunikation von Regierungsmitarbeitern im Vorfeld der Entscheidung sehen, bis hin zu privaten Emails und Nachrichten aus Whatsapp und ähnlichen Kurznachrichtendiensten.

Bercow tritt zurück

Am Nachmittag hatte Parlamentspräsident John Bercow für Aufsehen gesorgt: Er kündigte seinen Rücktritt mit spätestens 31. Oktober an. Kommt es vor diesem Datum zu Neuwahlen, trete er schon vorher zurück.

Was das alles bedeutet, ist nach Einschätzung des BBC-Kollegen Norman Smith klar wie englische Kloßbrühe: Johnson befinde sich mehr und mehr im Abseits. Der Premierminister, von Haus aus Brexiteer, habe die Kontrolle über das Parlament verloren, verfüge über keine Mehrheit mehr, kann weder Wahltermin noch einen No-Deal-Brexit bestimmen: "Er kann nicht viel tun." Dass ihm mit Amber Rudd am Wochenende zusätzlich eine Schlüsselkraft den Weisel gegeben hat, kommt da noch dazu. (flon, maa, 10.9.2019)



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