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Ibiza-U-Ausschuss: Opposition ortet Geldflüsse von Verein Richtung Gudenus

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Der Ex-FPÖ-Politiker soll Beteiligter einer Firma gewesen sein, die Geld an das ISP rücküberwies. Markus Tschank entschlug sich großteils, Soko-Tape-Leiter Holzer bestreitet die Vorwürfe


Auch der Ex-FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank hat bei seiner Befragung im Ibiza-U-Ausschuss am Mittwoch wie Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann tags zuvor exzessiv von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht. Immer wieder berief er sich zudem auf seine anwaltliche Verschwiegenheit, von der er von den Vereinen nicht entbunden worden sei.

In seinem Eingangsstatement war Tschank noch gesprächiger und verwies darauf, dass er bei den in den Fokus der WKStA geratenen Vereinen wie "Patria Austria", "Austria in Motion" und "Wirtschaft für Österreich" bis August 2017 Funktionen ausgeübt habe. Einzig beim "Institut für Sicherheitspolitik" (ISP) sei er nach wie vor als Vereinsobmann tätig. Jeder dieser Vereine sei im Juni 2019 einer Sonderprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass niemals Zahlungen an politische Parteien oder Vorfeldorganisationen geflossen seien, auch seien keine Kosten von Wahlveranstaltungen übernommen worden. Dies wäre mit den Statuten unvereinbar gewesen, so Tschank.

Verweigerung

Interessant war, dass Tschank später bei der Frage der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli, ob eventuell Spenden an einzelne FPÖ-Funktionäre geflossen seien, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte. Das sei Teil eines laufenden Ermittlungsverfahrens, wiederholte Tschank mehrfach.

Zuvor hatte er zu Beginn der Befragung durch den stellvertretenden Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl unter anderem zu Fragen zum ISP entweder mit dem Verweis auf sein Entschlagungsrecht oder seine anwaltliche Verschwiegenheit abgeblockt. Weder wollte er beantworten, ob über 3.000 Euro pauschal monatlich als Miete von dem Verein an seine Rechtsanwaltskanzlei bezahlt wurde, noch Fragen nach Honoraren. Diese beantwortete Tschank nur allgemein damit, dass sämtliche Honorare und Tätigkeiten auf "ordnungsgemäßen Beschlüssen" der Vereine basierten.

Auch zum Kooperationsvertrag des ISP mit Novomatic, die seit 2017 insgesamt 200.000 Euro an das Institut gezahlt hat, wollte er nicht näher eingehen. Auch das sei Gegenstand von Ermittlungen.

"Woher kennen Sie Neumann?"

Genau dieser Punkt führte dann bei der Befragung durch Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper zu einer ausgiebigen Geschäftsordnungsdiskussion. Krisper wollte nämlich wissen, wie es zur Kooperationsvereinbarung mit der Novomatic kam. Die pauschale Verweigerung Tschanks, weil dies in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen ihn stehe, war Krisper zu wenig. Weder wollte Tschank Auskunft darüber geben, woher er Neumann kenne, noch wann er ihn kennengelernt habe. Dies könnte für das laufende Verfahren relevant sein bzw. könne nicht ausgeschlossen werden, lautete seine Rechtfertigung. Keine Wahrnehmung habe er darüber, ob Neumann Kontakte in die ÖVP unterhielt.

Ebenso biss sich die SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits mehr oder weniger die Zähne an Tschank aus. Einer der wenigen Punkte, zu denen er Stellung nahm, waren die 1.250 Euro netto monatlich für seine "Managementleistungen" für das ISP. Diese seien in den entsprechenden Generalversammlungen beschlossen worden und eine angemessene Abgeltung für die geleistete Arbeit, meinte Tschank, der zudem generell festhielt, "wenn jemand an einen Verein spenden will, dann spendet er an einen Verein, wenn jemand an eine Partei spenden will, spendet er an eine Partei".

Blaue Connections

Tschank ist durch eine Passage im Ibiza-Video in den Fokus der Korruptionsstaatsanwaltschaft geraten, in der Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Vereine als mögliche Umgehungskonstruktion für Spenden am Rechnungshof vorbei bewirbt. Tschank als ehemals designierter Finanzreferent der FPÖ soll über das Finanzgebaren der Partei Auskunft geben. Gegen Tschank, der auch Vereinsobmann des von ihm gegründeten blauen "Instituts für Sicherheitspolitik" (ISP) war, laufen Ermittlungen der WKStA, es gilt die Unschuldsvermutung. Tschank unterhielt zudem mit Kurzzeit-Casinos-Finanzvorstand Peter Sidlo eine gemeinsame Firma, die Mitte 2018 liquidierte Polimedia GmbH. Der Ex-Pressesprecher von Novomatic und des damaligen niederösterreichischen Finanzlandesrats Wolfgang Sobotka (ÖVP), Bernhard K., war Ende 2016 aus dieser Firma ausgestiegen.

Opposition ortet Geldspur zu FP-Politikern

Firmen und Zahlungsflüsse hinterfragte dann Krisper, konkret ging es um die Pagasus und die Imbeco GmbH. Laut Neos überwies Imbeco nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos Zahlungen des ISP an selbiges zurück; 100 Prozent der Gesellschaft hält Tschank, er ist auch Geschäftsführer. ISP hat ja einen Kooperationsvertrag mit Novomatic und erhält Zahlungen. Krisper präsentierte dem Ausschuss am Mittwoch die Info, dass der damalige FPÖ-Abgeordnete Johann Gudenus dem Parlament offengelegt habe, dass er an der Imbeco Anteile halte.

Neos und SPÖ vermuten daher einen Geldfluss, der so geht: Novomatic an ISP, ISP an Imbeco, an der zumindest auch Gudenus still beteiligt sei, und von dort (nach Ibiza-Gate) wieder ans ISP zurück. Tschank hat dazu nicht geantwortet, er sei nicht von seiner Anwaltspflicht entbunden. Parteienfinanzierung des ISP hatte er ja schon zuvor in Abrede gestellt. Auch Gudenus weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seit jeher zurück.

Schattenakten

Für Nachwehen sorgte noch die Aussage des WKStA-Staatsanwalts, der am Dienstag geschildert hatte, dass die Soko Tape der WKStA unleserliche Dokumente weitergeschickt habe. Bei der FPÖ sorgte das für helle Empörung. Generalsekretär Michael Schnedlitz sieht im Innenministerium einen "Staat im Staat" und kündigt rechtliche Schritte an. "Wir können und werden nicht zur Tagesordnung übergehen", sagte Schnedlitz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. "Hier hat sich offenbar ein Staat im Staat gebildet. Die ÖVP hat die Ermittlungsbehörden unterwandert, steuert diese und übt Einfluss auf die Ermittlungsbehörden aus. Beweismittel werden unterdrückt und verfälscht", zeigte er sich empört. Hier stünden Amtsmissbrauch und einseitige Ermittlungen im Raum, und "dass das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht mehr gegeben ist".

Böhmdorfer als Vertrauensperson abgelehnt

Der Novomatic-Manager Alexander M. ging am Mittwoch unverrichteter Dinge wieder weg. Seine Befragung fand nicht statt, weil der Ausschuss M.s Vertrauensperson Dieter Böhmdorfer nicht zuließ. Grund: Der Anwalt könnte selbst als Auskunftsperson geladen werden. Also muss M. mit einer anderen Vertrauensperson wiederkommen.

Soko Tape

Wenig Kritik an der Arbeit seiner Ermittlergruppe sah der Leiter der Soko Tape, Andreas Holzer, bei seiner Befragung. Über zehn Jahre habe er "friktionsfrei" mit verschiedenen Stellen zusammengearbeitet. Er gehe bei der Auswahl der Teams stets akribisch vor, damit eine etwaige Befangenheit im Vorfeld ausgeschlossen werden könne. Zur Befangenheit jenes Ermittlers, der Strache eine aufmunternde SMS geschrieben haben soll, meinte Holzer, dass die Frage der Abklärung des Anscheins der Befangenheit der Dienstbehörde obliegt und nicht der Anklagebehörde. Beim angesprochenen Beamten wurde diese geprüft, und festgestellt wurde, dass keine vorliegt.

Zu fehlerhaft eingescannten Dokumenten, die der WKStA übergeben wurden, meinte Holzer, dass er den Vorwurf nicht nachvollziehen könne, schließlich wurden der Anklagebehörde 428 Seiten übergeben, darunter auch die Originalunterlagen. Die WKStA habe nur darüber hinaus um das eingescannte Dokument angefragt. Dies sei dann passiert, mit der Bemerkung, dass die Qualität schlecht sei.

DER STANDARD berichtet live. (red, gra, 10.6.2020)