Am Mittwoch startete der Prozess gegen den niederösterreichischen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ), der nach wie vor für die Asylwerberunterbringung in Niederösterreich zuständig ist. Es geht um den Vorwurf, im November 2018 ein mit Stacheldraht umzäuntes Quartier für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Gemeinde Drasenhofen eingerichtet und aufgrund der mangelhaften Unterbringung Amtsmissbrauch begangen zu haben. In Drasenhofen waren damals "mindestens 14" Burschen unter 18 Jahren untergebracht gewesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Waldhäusl bezeichnete die Jugendlichen als "auffällig" und "notorische Unruhestifter". Laut Anklageschrift wurden sie ohne Vorwarnung aus ihren früheren Unterkünften abgeholt und in das nur spärlich eingerichtete Quartier gebracht.

Waldhäusl verteidigte sich am Mittwoch unter mehrmaligen Verweis auf "die Fachabteilung": Diese habe die Einrichtung in Drasenhofen rechtlich geprüft und für rechtskonform befunden – in die operative Einrichtung des Quartiers sei er nicht eingebunden gewesen. Ihm obliege es als Landesrat nur, Entscheidungen auf Basis der juristischen Vorarbeiten in der Abteilung zu fällen, er sei ja auch kein Jurist und kenne das entsprechende Gesetz nicht im Detail.

Der Stacheldraht und ein Security mit Hund seien sein politischer Wunsch gewesen, um die Bewohner des Quartiers vor Eindringlingen zu schützen. Wenn das rechtlich nicht möglich gewesen wäre, hätte er das akzeptiert, sagt Waldhäusl – in seiner Fachabteilung habe das aber niemand gesagt.

Die Befragung Waldhäusls wurde am Mittwochnachmittag unterbrochen und wird am Donnerstag fortgesetzt. Dann wird voraussichtlich auch die Zweitangeklagte, eine Mitarbeiterin Waldhäusls, zu Wort kommen. Neben Amtsmissbrauch wird ihr auch vorgeworfen, im Rahmen der Ermittlungen Beweismittel gefälscht zu haben.

"Alcatraz für Asylwerber"

Das "Alcatraz für Asylwerber", wie das Lager in Drasenhofen genannt wurde, hatte im Herbst 2018 für Empörung gesorgt. Aufgrund der massiven Kritik wurden die in der Unterkunft verbliebenen Jugendlichen – die meisten waren abgetaucht – nach nur vier Tagen in die niederösterreichische Pfarre St. Gabriel verlegt.

Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Waldhäusl gegen Kinder-, Menschen- und Flüchtlingsrecht verstoßen. Waldhäusls Anwalt Manfred Ainedter zweifelt am Sachverhalt des Amtsmissbrauchs. Der Wiener Anwalt Georg Zanger, der einen Großteil der Jugendlichen zivilrechtlich vertritt, fordert 10.000 Euro Schadenersatz für jeden. (red, 2.2.2022)

FPÖ-Landesrat Waldhäusl wegen Flüchtlingsquartiers Drasenhofen vor Gericht