Der Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli nähert sich zügig seinem Ende. Diese Woche standen letzte Zeugenbefragungen aúf dem Programm, bei der nächsten Verhandlung am 23. Februar soll dann ein Urteil fallen.

Kurz und Bonelli wird vorgeworfen, im U-Ausschuss unter anderem über ihre Involvierung in die Personalpolitik bei der Staatsholding Öbag falsch ausgesagt zu haben. Sie sollen Aufsichtsräte mitausgesucht und Schmid als Vorstand gewollt haben. Belastet wurden sie bislang vor allem durch Chats und von Schmid selbst, der ja Kronzeuge werden will. Kurz und Bonelli bestreiten die Vorwürfe.

Am Mittwoch sagte zunächst Günther Helm aussagen, der einst Chef des Diskonters Hofer und dann der Drogeriekette Müller war. Mittlerweile ist der Manager* in Saudi-Arabien tätig. Helm war als Aufsichtsratsmitglied bei der "Geburt" der Öbag dabei.

Nicht "Best buddys" mit Kurz

Helm gab an, nicht "Best Buddys" mit Kurz gewesen zu sein; gekannt habe er aber Gernot Blümel, mit dem er studiert habe. Er sei im Nominierungskomitee gesessen, wo damals Aufsichtsräte für staatsnahe Unternehmen ausgesucht worden seien. Man habe viele Lebensläufe gesichtet; er sei sicher "kein Stimmvieh" gewesen, sagt er zu Chats, denen zufolge Dinge "mit Gernot abgestimmt" seien.

Schmid sei sehr ehrgeizig gewesen, ihn habe er in dessen Funktion als Generalsekretär im Finanzministerium gekannt. Schmid sei als bestgeeigneter Kandidat zum Öbag-Chef ausgewählt worden, da habe es keine Zurufe von außen gegeben, betonte Helm wie auch zuvor schon die anderen (damaligen) Öbag-Aufsichtsräte Susanne Höllinger und Helmut Kern. Es habe keine Einflüsterer gegeben, so Helm.

"Ich kann, darf noch nicht"

Weniger auskunftsfreudig erschien Helm dann beim Thema Siegfried Wolf. Den soll sich Kurz ja ursprünglich als Aufsichtsratschef der Öbag gewünscht haben; was auch aufgrund der Russland-Sanktionen gegen Wolfs Geschäftspartner Oleg Deripaska nicht zustande gekommen sei. "Schlussendlich hat alles geklappt wie von uns geplant"; schrieb Helm an Wolf - was damit gemeint war, konnte der Manager nicht mehr nachvollziehen - genau so wenig wie, was Wolf mit "ich kann, darf noch nicht" sagen wollte.

Um kurz nach elf Uhr durfte Helm wieder gehen, danach befasste sich der Richter mit einigen Anträgen. Den wohl brisantesten weiste er ab: Otto Dietrich, Kurz' Verteidiger, hatte mit Verweis auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs verlangt, alle Chats von Thomas Schmid zu löschen. Das Erkenntnis des Höchstgerichts gelte aber nicht rückwirkend, stellte Richter Michael Radasztics klar.

Russische Zeugen

Nach Helm wurde es noch einmal spannend: Dann sollen per Videolink jene zwei russisch-georgischen Geschäftsleute zugeschaltet werden, die Thomas Schmid schwer belastet haben. Der habe ihnen bei einem Vorstellungsgespräch gesagt, er werde von der Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt und sage gewissermaßen auch Dinge aus, an die er sich in Wahrheit gar nicht erinnern könne. Rund um die Rolle der beiden Geschäftsleute und ihr angebliches Jobangebot gibt es viele Fragen, einige davon dürften die Vertreter der WKStA ihnen stellen.

Um 13 Uhr wurde dann auch der erste Zeuge, A., per Video aus der österreichischen Botschaft in Moskau zugeschaltet. Er wiederholte seine Angaben: Man habe Schmid für gut geeignet gehalten, ein Ölprojekt in Georgien zu managen. Schmid und A. hätten sich dann in Amsterdam getroffen.

Zunächst habe er Schmid nach Georgien eingeladen, das habe der aber nicht gewollt. Zustande gekommen sei der Kontakt über einen alten Bekannten, "Herrn Alexander" - wohl Alexander Bazarov, einst Manager bei der russischen Sberbank, bei deren Europa-Ableger Siegfried Wolf Aufsichtsratschef war.

Nach einem ersten, "produktiven" Treffen habe A. dann einen anderen Geschäftsmann - er sollte nach A. aussagen, meldete sich aber krank - zu einem zweiten Termin mitgenommen. Dort habe Schmid dann über "Druck von der Staatsanwaltschaft" geklagt. Von seinen früheren Freunden sei Schmid enttäuscht, „Heute"-Herausgeberin Eva Dichand sei etwa sehr schön, sehr klug, gefährlich und keine gute Person. Schmid habe zwar nicht gesagt, dass er vor der Justiz lüge – dafür sei er laut A. ein zu "kluger Kerl", aber er traue ihm zu, sich selbst retten zu wollen. Er habe Schmid dann abgesagt, weil er kein Vertrauen mehr in ihn gehabt habe.

Zeuge wirkt genervt

Wie die Kurz-Verteidigung auf ihn, A., gekommen sei, wisse er nicht. Er habe einem Geschäftsmann in einer E-Mail von den Vorgängen erzählt, daraufhin habe man ihn gefragt, ob er nicht aussagen wolle. Geld habe er dafür keines erhalten.

Im Lauf der Befragung wurde A. zusehends genervter. Er habe nicht gewusst, dass seine Aussage mehrere Stunden dauern würde, merkte er einmal an. Vor allem die Vertreter der WKStA hakten mehrfach nach - etwa zu der Frage, warum es in der Eidesstättigen Erklärung hieß, Schmid habe gesagt, nicht immer ganz wahrheitsgemäß auszusagen; A. das nun aber vor Gericht nicht bestätigen wollte. "Aber das ist doch dasselbe. Wenn eine Person unter Druck steht, kann sie etwas sagen, was nicht ganz die Wahrheit ist", meinte der russische Geschäftsmann.

Der zweite Zeuge konnte oder wollte sich dann nicht mehr erklären: Er sagte spontan krankheitsbedingt ab - was auch A. wunderte, da der in der Früh noch mit ihm gesprochen habe. Er soll nun am 23. Februar einvernommen werden, dem wohl letzten Verhandlungstag.

*Korrektur: Helm ist nicht Trauzeuge von HC Strache, wie hier ursprünglich zu lesen war. Sorry!

Der STANDARD tickerte live ab 9.30 Uhr live tickern. (fsc, gra, 31.1.2024)

Zweiter Kurz-Zeuge in Moskau sagt nach harter Befragung von Kollegen ab