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Kickl wurde in U-Ausschuss zu Inseraten, Ex-Agentur und Ott-Affäre befragt

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Mit einiger Verspätung kam am Nachmittag Herbert Kickl in den U-Ausschuss. Er wolle zu Transparenz beitragen, sagte der FPÖ-Chef


Der von der ÖVP eingesetzte Untersuchungsausschuss zu rot-blauem Machtmissbrauch befragt am Donnerstag eine hochkarätige Auskunftsperson: FPÖ-Chef Herbert Kickl. Dabei wird es freilich um seine Tätigkeit als Innenminister gehen, die er von Ende 2017 bis Mai 2019 ausgeübt hat. In dieser Zeit passierte so einiges: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte mit brisanten Ermittlungen und einer skandalösen Hausdurchsuchung zu kämpfen, außerdem installierte Kickl eine Pferdepolizei und färbte im Innenressort um.

Dazu wurde Kickl ab 16:30 Uhr befragt werden. Vor seiner Befragung betonte er, überhaupt keinen Bezug zu Russland zu haben und den mutmaßlichen Spion Egisto Ott nicht persönlich zu kennen. Die Affäre rund um mutmaßliche russische Operationen unter Leitung von Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek sei "zu 98 Prozent ÖVP", zahlreiche hochrangige Konservative hätten bei Wirecard angedockt. Die FPÖ wolle das aufklären.

Den Fall rund um Egisto Ott - gegen den ja seit 2017 wegen Spionageverdachts ermittelt wird - will Kickl nicht gekannt haben. Es sei ja nicht so, dass der Minister die Post aufmache oder im Haus herumrenne und frage, ob etwas vorgefallen sei, sagte Kickl dazu. Der damalige BVT-Direktor Peter Gridling habe ihn jedenfalls nicht informiert - wenngleich Gridling selbst relativ rasch, im Februar 2018, suspendiert worden war. Aber auch von diesem Ermittlungsverfahren habe er erst durch die Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz erfahren, behauptete der FPÖ-Chef. Vom Fall Ott dann erst im Herbst 2018.

Kickl betonte, dass er sich nicht um Inserate gekümmert habe; an der Spitze eines Ministeriums sei man viel beschäftigt. Es stimme, dass der mutmaßliche russische Spion Jan Marsalek einen Termin im Ministerium gehabt habe - der STANDARD berichtete; da sei es um dessen Ideen für Flüchtlingspolitik gegangen. Marsalek sei damals Manager von Wirecard gewesen, er habe kein Schild umgehabt, dass er russischer Spion sei, so Kickl. Von dem Treffen sei er informiert worden, dabei sei er nicht gewesen.

Der frühere deutsche Verfassungsschutz-Vize und Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt Dietmar Fritsche sei "der Beste" gewesen, den man als Berater für eine BVT-Reform gewinnen habe können, betonte Kickl. Fritsche baute offenbar später, nach dem Engagement durch Kickl, eine Beziehung zu Wirecard auf.

Streit um die "Ideenschmiede"

Befragt wurde Kickl auch zur Werbeagentur "Ideenschmiede", die in Korruptionsskandale verwickelt war und an der Kickl wenige Wochen im Jahr 2005 stiller Teilhaber gewesen sei - die politische Konkurrenz vermutet, Kickl sei länger involviert gewesen. Kickl sah da eine "Dreck- und Sudelkampagne", er wolle "das Spiel nicht mehr mitmachen". Er habe im Untersuchungsgegenstand keine Geschäftsbeziehung zur Ideenschmiede, die später Signs hieß, gehabt, sagte Kickl. Warum diese Agentur dem Innenministerium gratis ein Logo für die Einheit "Puma" überlassen habe? Womöglich habe ja jemand Freude an der Polizei, sagte Kickl.

Thomas S., offizieller Eigentümer der Signs, sollte übrigens auch geladen werden - er kam nicht, es wurde eine Beugestrafe ausgesprochen. Am Ende drohte die FPÖ sogar mit einer Anzeige - weil die ÖVP "manipulierte" Dokumente zu Kickls Beziehung zur Ideenschmiede vorgelegt habe. Das wies die Volkspartei von sich.

Inserate bei Rechtsaußen-Medien

Den Beginn machte Alexander Höferl, einst Kickls Kommunikationschef im Innenministerium, der heute wieder für die FPÖ arbeitet. Er kündigte gleich zu Beginn an, sich komplett entschlagen zu wollen, da der Untersuchungsgegenstand verfassungswidrig sei; gab dann aber doch einige Auskünfte. So habe man in Rechtsaußen-Medien wie "alles roger" oder dem "Wochenblick" wegen deren Reichweite inseriert. In seiner Befragung kritisierte Höferl vor allem die ÖVP, die vor Kickls Übernahme des Ministeriums teure Vergaben getätigt habe.

Auftrag absichtlich vage

Ab 13:30 Uhr ging es dann mit Helgo E. weiter, einem erfahrenen Juristen im Innenministerium. Im Jahr 2018 stieg er unter Kickl zum Büroleiter des Generalsekretariats auf und begleitete den Minister auch zu wichtigen Terminen.

Für Aufruhr bei E.'s Befragung sorgte ein 95.000 Euro schwerer Beratervertrag des Ministeriums mit dem FPÖ-nahen Kommunikationsberater Heimo Lepuschitz. Der schrieb damals in einem Mail an E., dass die Vereinbarung eines fixen Stundensatzes "nicht klug" sei, weil dann alles transparent sei, etwa mit wem man sich treffe. Auf mehrmalige Nachfragen nach den Gründen der Intransparenz und seiner eigenen Involvierung in die Vertragsvereinbarung, antwortete E. ausweichend – schließlich erklärte er unter zunehmender Ungeduld der Abgeordneten, er sei nur die "Poststelle" zwischen Lepuschitz und der Vergabestelle gewesen.

Bewerbungen für Postenbesetzungen habe E. bloß weitergeleitet, er sei gleichsam ein "Büro-Weiterleiter" gewesen, sagte er. DER STANDARD tickerte live. (fsc, gra, ta, 11.4.2024)