Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Thema Cofag, wegen seiner Themensetzung auch gern Benko-U-Ausschuss genannt, neigt sich dem Ende zu. Das tut es sozusagen auch bei den Auskunftspersonen, zuletzt regnete es nämlich viele Absagen. Entschuldigt haben sich etwa der frühere Bundeskanzler und Signa-Aufsichtsratschef, Alfred Gusenbauer (SPÖ), Unternehmer Siegfried Wolf und Signa-Gründer René Benko.

Dieser ließ wissen, dass er am Mittwoch an einem anderen Termin teilnimmt, nämlich an der Prüfungstagsatzung in seinem persönlichen Insolvenzverfahren als Unternehmer, das am Innsbrucker Landesgericht anhängig ist. Dort erschien er auch tatsächlich zur Verhandlung. Am Nachmittag teilte sein Anwalt dann per Schreiben mit, dass Benko am 22. Mai auch noch in den U-Ausschuss kommen wolle.

Brunner zieht Lehren aus Signa

Den Start machte am Mittwoch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Um dessen Ladung hatte unter den Fraktionen tagelang ein heftiges Gezerre stattgefunden, letztlich wurde der amtierende Finanzminister aber erstens dann doch und zweitens für jenen Tag geladen, an dem er auch Zeit hat. Brunner wurde am Mittwoch als Erster befragt, er wird von einer sehr U-Ausschuss-erfahrenen Vertrauensperson begleitet werden: vom Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn.

In einem Pressestatement vor der Befragung kündigte Brunner folgende Lehren aus der Causa Signa an: Eine Datenbank, die Konzernzusammenhänge aufzeige und eine Modernisierung des Firmenbuchs und ans Preisniveau angepasste Strafen. Die Steuerschulden der Signa lägen im niedrigen zweistelligen Bereich, sagte Brunner. Bei Benko sei er nie zu Besuch gewesen, habe insgesamt nur ein paar Sätze mit ihm gewechselt.

Insgesamt antwortete Brunner immer wieder ausweichend auf Fragen zu Benko und Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Signa-Gründer. So hieß es etwa, die Interne Revision prüfe den Verdacht auf die Bestechung von Ex-Generalsekretär Thomas Schmid durch Benko nicht, sie sei da nicht zuständig. Er selbst habe keine Telefonkonferenzen mit Milliardären geführt, bei denen es um Steuerangelegenheiten gegangen sei. Bei Eduard Müller, der einst - als Generalsekretär, Sektionschef und Finanzminister – eng im Austausch mit Unternehmern stand, sehe Brunner keinen Grund, ihn als Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) abzuberufen.

Zur Cofag meinte er, deren Hilfen hätten Massenarbeitslosigkeit verhindert; gegründet worden sei sie vor seinem Amtsantritt. Danach habe man das Fördersystem laufend geändert, das sei "immer ein laufender Prozess" gewesen. Vor dem U-Ausschuss sagte Brunner, die Cofag habe derzeit 160 Millionen Euro zurückgefordert. Man arbeite "sehr gründlich". Interventionen rund um Corona-Förderungen habe er immer "seriös" an die Cofag weitergeleitet, sagte Brunner.

Blümel politisch verantwortlich

Die Richtlinie zur sogenannten Konzernbetrachtung liege bei den Grünen, erklärte Brunner, man habe die Kritik des Rechnungshofs ernst genommen. Dabei geht es vereinfacht gesagt um die Frage, ob Förderungen einmal pro Unternehmensgruppe oder für jedes Unternehmen einzeln ausbezahlt werden sollten. In Österreich war zunächst letzteres der Fall, was unter anderem zu heftiger Kritik der EU-Kommission führte, weil maximale Fördersummen überschritten wurden.

Brunners Vorgänger Blümel hatte auf eine Frage der Abgeordneten keine konkrete Erinnerung zur Gestehungsgeschichte der Konzernbetrachtung. Die politische Verantwortung für die Einrichtung der Cofag wolle er aber nicht wegreden. Es habe habe viele Vorschläge gegeben, aber die eine, offensichtlich ideale Lösung, habe es nicht gegeben. Das Risiko der Überförderung sei ihm erst später bewusst geworden, vor allem im Zusammenhang mit dem Umsatzersatz.

Auch bei Fragen zu Benko fiel Blümel mit Erinnerungslücken auf; etwa über die Anzahl der Telefonate oder bei besprochenen Themen. Im Ibiza-U-Ausschuss hatte Blümel im Sommer 2020 mehr als achtzig Mal auf fehlende Erinnerungen verwiesen.

Benko will kommen

Signa-Gründer René Benko will nun am 22. Mai doch noch in den U-Ausschuss kommen, nachdem ihm die Parteien mit einer Vorführung gedroht hatten. Aus einem Schreiben von Benkos Anwalt Norbert Wess ergibt sich, dass Benkos Erscheinen verbindlich zugesagt wird.

Bei der Prüfungstagsatzung im persönlichen Konkursverfahren gegen Benko am Landesgericht Innsbruck nahm der Signa-Gründer am Mittwoch überraschend selbst teil. Es war Benkos erster öffentlicher Auftritt seit langem, gegenüber den anwesenden Journalisten gab er sich aber schweigsam. Gläubiger haben Forderungen in der Höhe von zwei Milliarden Euro gegen den Unternehmer angemeldet. Vorerst wurden 47 Millionen Euro davon als unstrittig anerkannt.

Kogler: Drängte auf Transparenz

Den Abschluss machte am Donnerstag Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er gab in einem Statement vor dem U-Ausschuss an, er habe rund um die Cofag auf Transparenz gedrängt, das sei ihm dann auch gelungen. Man habe, als die Pandemie begann, sehr viele Entscheidungen treffen müssen. Die sei ein "Einschlag in die Ökonomie" gewesen, so der Vizekanzler in einem langen Eingangsstatement.

Die Abgeordneten fragten etwa, ob Kogler ein "grünes Netzwerk" habe, da sein Vertrauter Marc Schimpel zum Co-Chef der Cofag wurde. Kogler betonte, dass Schimpel kein Parteimitglied und bestens qualifiziert sei. Ein Fall der Kommunikation zwischen Kogler-Mitarbeitern und Cofag sorgt in der Opposition für besonderes Aufsehen: Da wurde nachgefragt, ob jemand schon Coronahilfen erhalten habe bzw. was aus einem Fall geworden sei. Kogler erklärte dazu, er habe eine Unternehmerin wahrgenommen, die im ORF oder auf Pressekonferenzen ihr Leid mit der Cofag geklagt habe; deshalb habe er da nachgeforscht. "Da wäre ich ja auch falsch, wenn ich gar nicht fragen würde, wenn behauptet wird, die Regierung führe 100.000 Unternehmen in den Ruin", so Kogler.

Aus seiner Wahrnehmung sei bei den Cofag-Hilfen niemand bevorzugt worden. Es gebe aber sicher den Bedarf, einige Dinge aufzurollen, etwa rund um René Benko und Siegfried Wolf. Letzterer sei ohnehin "Person für jeden U-Ausschuss", von ihm habe er "die schlechteste Meinung".

Der Donnerstag ist im U-Ausschuss für die Auskunftspersonen gedacht, die von Neos, ÖVP und Grünen geladen werden, also jenen Parteien, die den U-Ausschuss nicht eingesetzt haben. Zugesagt hatte bis zuletzt nur Alfred Lejsek, früherer Spitzenbeamter im Finanzministerium. Er hat auch Sitz und Stimme im Aufsichtsrat der Covid-19-Finanzierungsagentur, kurz Cofag.

DER STANDARD berichtete live ab 10 Uhr. (Renate Graber, Fabian Schmid, japf, 24.4.2024)

Kogler sieht in U-Ausschuss "Bedarf, Dinge aufzurollen"