EU
Rasmussen: Zypern-Konfliktlösung nicht Bedingung für EU-Beitritt
Schon 28 der 31 Verhandlungs-Kapitel unter Dach und Fach
Straßburg/Wien - Die Republik Zypern wird nach den
Worten des amtierenden EU-Ratsvorsitzenden und dänischen
Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen auch ohne Lösung des
Konflikts auf der Mittelmeerinsel Mitglied der Europäischen Union.
Die Wiedervereinigung der Insel, deren Nordteil seit 1974 von
türkischen Truppen besetzt ist, wäre "von Vorteil", doch stelle sie
keine Bedingung für den EU-Beitritt dar, sagte Rasmussen am Mittwoch
in Straßburg. Die im Jänner aufgenommenen
Zypern-Volksgruppengespräche unter UNO-Schirmherrschaft haben bisher
keinen Fortschritt gebracht. Darüber informierte der
UNO-Sonderbeauftragte Alvaro de Soto am Mittwoch in Wien
UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Bei den Erweiterungsverhandlungen sind mit der Republik Zypern
mittlerweile 28 der 31 Kapitel unter Dach und Fach, bemerkte
Rasmussen. Die dänische EU-Präsidentschaft halte an dem Ziel fest,
beim EU-Gipfel im Dezember in Kopenhagen die ersten
Beitrittsverhandlungen abzuschließen. Für den Fall, dass Zypern
EU-Mitglied wird, hatte die Türkei mit dem Anschluss des Nordteils
der Insel gedroht. Seit ihrer Militärintervention vor 28 Jahren hat
die Türkei in der international nicht anerkannten "Türkischen
Republik Nordzypern" 40.000 Soldaten stationiert und mehr als
100.000 Festland-Türken angesiedelt.
Drohung Griechenlands
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits 1999 in Helsinki
festgelegt, dass eine Lösung des Volksgruppenkonflikts nicht
Bedingung für die EU-Mitgliedschaft Zyperns sei. Griechenland hat
gedroht, die EU-Erweiterung zu blockieren, sollte Zypern nicht bei
der nächsten Beitrittsrunde aufgenommen werden.
Die politischen Gespräche zwischen griechischen und türkischen
Zyprioten sollen Mitte Juli wieder aufgenommen werden und nach einer
Unterbrechung im August im September "intensiv" weitergehen. Bei
seinem Zypern-Besuch im Mai hatte UNO-Generalsekretär Annan erklärt,
trotz der "substanziellen Differenzen" sei er überzeugt, dass die
Hauptschwierigkeiten bis Ende Juni ausgeräumt werden könnten.
Während die UNO-Resolutionen zum Zypern-Problem die
Wiedervereinigung der Insel in Form eines "bikommunalen" und
"bizonalen" Bundesstaates vorsehen, strebt Türkenführer Rauf Denktas
eine lose "Konföderation zweier unabhängiger Staaten" an. Denktas
fordert eine Haltungsänderung der Europäischen Union, die aufhören
müsse, Präsident Glafcos Clerides als rechtmäßigen Repräsentanten der
ganzen Insel zu betrachten.
Die oppositionelle türkisch-zypriotische Republikanische Partei
(CTP), die die von Denktas demonstrierte Unnachgiebigkeit gegenüber
der UNO heftig kritisiert und eine "Zwei-Staaten"-Lösung ablehnt, hat
die Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag gewonnen. Die von Mehmet
Ali Talat geleitete CTP konnte ihren Stimmenanteil gegenüber 1998 von
20 auf 34 Prozent vergrößern; sie wurde stärkste Kraft. (APA)