Wovon die Rede ist: "Flugtaugliche Typhoons", "Draken-Abschied", "Eurofighter", "Experten-Hearing", "Mietvarianten". Wovon nicht die Rede ist: Ist Miete im Überschallbereich nicht ein Widerspruch in sich? Die sicheren Vokabeln über die Sicherung des österreichischen Luftraums - von dessen "Gefährdung" auch nur gelangweilte Militärs fantasieren - nähern sich immer rascher einem unnötig unglaubwürdigen Reiseführer-Vokabular, angeberisch und desinformierend. Als ginge es um Geselligkeit ("Draken-Abschied"), Traditionsadressen für Käsekuchen und Mandelmilch ("Experten-Hearing") oder die Rundumerneuerung von Bundesstraßen oder Wegen zwischen Technoclub und Konzertsaal. Wichtige Dinge spielen sich nicht im Luftraum ab, sondern auf dem Boden. Für die Benachteiligten auf diesem wird die billigste, für den Luftraum die teuerste Variante gewählt. Und was auch immer die Abfangjäger wert sind: Wer fragt denn, wer die sind, die zuletzt draufzahlen? Die Zivilen, Unauffälligen, auf die es ankommt. Wenn man solche Abfangjäger wenigstens zu einer Reise einsetzen könnte, schnell weg. Aber keine Reise kommt ohne ihren Aufbruchsort aus und den, an dem sie endet. Und der Aufbruchsort ist der angeblich bis zum Exzess bedrohte Luftraum über Wien. Den wird man nicht los, und unter den kehrt man zurück. Wo wäre es möglich, ihn und die gesamte Abfangjagd über Wien kurz zu vergessen? Vielleicht doch in einem Zug, etwa nach Spanien: Ich denke an die Schutzpatronin von Barcelona, die heilige Eulalie. Sie starb zwölfjährig um 304 unter dem römischen Statthalter Damian: gekreuzigt, verbrannt und geköpft, dreifach tot, zuletzt kam sie in einem Alabastersarkophag unter der Krypta zur Ruhe. Nach ihrem kurzen und unsicheren Leben sollte ihr Schlaf länger dauern. Barcelona vor einiger Zeit, noch unter Franco: die letzte Stadt, das Ende einer spanischen Reise. Die Stadt war hilfreich wie ihre Schutzheilige. Barcelona nimmt sich genug Zeit. Seine Flaniermeile nennt es "Les Ramblas", ursprünglich ein trockenes Bachbett, das sich bei Gewittergüssen füllte und die Abfälle ins Meer spülte. Dort konnte man, so lange man wollte, diskutieren, philosophieren und Klöster gründen. Nicht der Luftraum gilt dort als gefährdet, man interessiert sich mehr für das Fußballfeld: Der FC Barcelona fühlt sich immer noch von Real Madrid bedroht. Blumen und Vögel wehren sich auf dem Markt schrill gegen ihre Händler und Käufer. Gelten solche Vögel vielleicht auch als Abfangjäger? Und wem sie zu langsam sind, der kann eines der 11.000 Taxis in Barcelona besteigen, vielleicht zum Hausberg Montjais fahren. Vielleicht sollte man dort bleiben und nie mehr zum Hermannskogel zurückkehren, dessen Luftraum ja auch so gefährdet ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.7.2002)