Wien - Nach der neuesten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung (IV) hat sich die Erwartungshaltung heimischer Industriebetriebe bezüglich der Geschäftserwartung in den nächsten drei und sechs Monaten deutlich eingetrübt. IV-Volkswirt Erhardt Fürst sagte bei der Umfragepräsentation, das weiterhin erwartete Durchstarten der Konjunktur könnte sich um ein bis zwei Quartale verzögern. Bisher war der Beginn der wirtschaftlichen Erholung stets mit der zweiten Jahreshälfte 2002 umrissen worden. Nun könnte es also der Jahresanfang 2003 werden.IV-Generalsekretär Lorenz Fritz interpretierte die eingetrübte Stimmungslage mit einer "Irritation" der Unternehmen bezüglich des wirtschaftspolitischen Kurses der Bundesregierung. Neue Belastungen aus der Lkw-Maut und dem Ökostrom-Gesetz lägen konkret auf dem Tisch, versprochene Entlastungen ließen dagegen weiterhin auf sich warten. "Wirtschaftspolitischer Offenbarungseid" Für die Steuerreform sei noch immer keine Manövriermasse absehbar, eine Lohnnebenkostensenkung auf Etappen komme nicht in Frage. Die Bundesregierung müsse im kommenden Herbst ihren "wirtschaftspolitischen Offenbarungseid" leisten. Die Senkung der Lohnnebenkosten sei wichtiger als eine Steuerreform. Auch wenn es stimme, dass derzeit in den Töpfen der Arbeitslosenversicherung keine Überschüsse vorhanden seien, dann müsste die Regierung die in Aussicht gestellte Senkung der Versicherungsbeiträge eben aus alternativen Quellen bewerkstelligen. Wenn die Regierung ihre Versprechen nicht einhalte, könne es dazu kommen, dass die Industrie ihre Unterstützung für die schwarz-blaue Koalition aufkündigt, so Fritz. So weit sei man derzeit aber noch nicht. (miba, DER STANDARD, Printausgabe 26.7.2002)